Angeblicher Brief von Rheinmetall: „Geschmacklose Aktion“ – Kommunikationsguerilla in Kleve
Kreis Kleve. Einige Haushalte im Kreis Kleve haben ein vermeintliches Schreiben von Rheinmetall erhalten. Was das Unternehmen aktuell prüft.
Einige Haushalte im Kreis Kleve haben Post von Rheinmetall bekommen. So scheint es zumindest auf den ersten Blick. Doch was jetzt in den Briefkästen gelandet ist, kommt keineswegs von dem Unternehmen, das bekanntlich in Weeze aktuell eine Fabrik baut, in der Teile für F-35-Kampfjets hergestellt werden.
Keine Briefmarke oder Stempel auf dem Umschlag
Eine NRZ-Leserin wunderte sich dann auch sehr, als sie den Brief in den Händen hielt. „An die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Kleve“ ist dort durch das Sichtfenster des Umschlags zu lesen. Als Absender ist die Rheinmetall AG, Postfach 104261, 40476 Düsseldorf angegeben. Eine Briefmarke oder Stempel gibt es auf dem Umschlag nicht. So weit, so gut.
Wer den Brief öffnet, merkt dann schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Denn unter dem recht laienhaft kopierten Titel „Rheinmetall“ ist zu lesen: „killing and destroying is our competence“, was übersetzt heißt, „Töten und Zerstören ist unsere Kompetenz“. Im Absender steht der Name „Arminus Pappenberger“ offenbar eine Verballhornung des Namens von Rheinmetall-Chef Armin Papperger. Allerdings: Sowohl die Absenderadresse als auch die angegebene Telefonnummer stimmen und führen tatsächlich zu Rheinmetall in Düsseldorf.
Als Anrede wurde „Liebe künftige Nachbarinnen und Nachbarn unseres neuen Produktionsstandortes“ verfasst. Es wird dann suggeriert, dass der Vorstandsvorsitzende „des erfolgreichsten deutschen Rüstungskonzernes“ sich mit „einem ganz besonderen Angebot“ an den Empfänger richten möchte.
Kenntnisse über den Kreis Kleve vorhanden
Zunächst wird einiges über den Produktionsstandort in Weeze geschrieben. Die Kampfjets werden dabei als „High-Tech Atombomber“ bezeichnet. Auch der NATO-Gefechtsstand bei Uedem wird erwähnt, was auf genauere regionale Kenntnisse des Verfassers schließen lässt, der resümiert: „Der Kreis Kleve ist damit eine Region höchster militärischer und demnächst auch rüstungstechnischer Bedeutung.“
Im weiteren Verlauf des Textes wird die Absicht des anonymen Verfassers dann deutlich, wenn er schreibt: „Auch in anderen Konfliktregionen entwickeln sich immer mehr Begehrlichkeiten nach unseren Qualitätsprodukten. Ich erinnere nur an unsere bombigen Geschäfte mit Saudi Arabien und der Türkei. Im Namen unserer Aktionäre danke ich Herrn Putin für die Eröffnung des neuen profitablen Kriegsschauplatzes in der Ukraine und Herrn Selenski [sic!] für die anhaltenden Waffen und Munitionsbestellungen, denen wir gerne nachkommen.“
Angebliches Angebot für Bürger im Kreis Kleve
Erst ganz zum Schluss wird auf das bereits am Anfang erwähnte Angebot näher eingegangen. „Darüber hinaus biete ich Ihnen an, mit uns von den Kriegsgewinnen der Rheinmetall AG in besonderer Weise zu profitieren“, ist zu lesen. „Exklusiv erhalten Sie von uns ein Angebot für den Erwerb unserer Aktien zu einem Vorzugspreis, der nur für Bürgerinnen und Bürger des Kreises Kleve gilt. Damit können Sie stolzer Miteigentümer und geschätzter Teil unserer Rheinmetall-Familie werden. Tod und Elend in aller Welt sind dann auch Ihr Geschäft. Sie dürfen sich auf explosive Gewinne und ein bombiges Wertsteigerungspotential freuen“.
Unter einigen fett gedruckten Wörtern ist noch in kleiner Schrift zu lesen: „Dies ist eine original Hipp Hipp Hurra Qualitätssatire frisch aus der Region“. Ob der Verfasser des Briefes weiß, dass der Ausspruch „Hipp Hipp Hurra“ im Verdacht des Antisemitismus steht, sei mal dahingestellt. Rheinmetall jedenfalls kann über die selbst apostrophierte Qualitätssatire wenig lachen. „Angesichts des Leids der Menschen in der Ukraine, die täglich todbringenden Angriffen ausgesetzt sind, haben wir kein Verständnis für geschmacklose Aktionen dieser Art“, teilt Oliver Hoffmann, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Rheinmetall, auf Nachfrage der NRZ mit. „Mit unseren Produkten helfen wir der Ukraine in ihrem Freiheitskampf gegen den russischen Aggressor. Die Rheinmetall-Fertigung am Standort Weeze wird zudem der nationalen Sicherheit Deutschlands dienen. Wir bedauern, dass Bürgerinnen und Bürger in der Region auf diese Weise verunsichert und vermeintlich im Namen Rheinmetalls in die Irre geführt werden. Ob wir angesichts des zynischen und rufschädigenden Missbrauchs unseres Markennamens rechtliche Schritte ergreifen, prüfen wir derzeit noch.“
Zudem hätten sich auch schon einige Bürger aufgrund des fingierten Briefes bei Rheinmetall gemeldet. Welche Dimension die Verteilungsaktion genommen hat, lässt sich hingegen nicht genauer verifizieren, etwa ob auch Haushalte im rechtsrheinischen Teil des Kreis Kleve den Brief erhalten haben.
https://www.nrz.de/lokales/emmerich-rees-isselburg/article407273434/angeblicher-brief-von-rheinmetall-geschmacklose-aktion.html