Syrischer Geflüchteter in Leipzig beendet Hungerstreik: Familie darf einreisen
Der in Leipzig lebende Syrer Abdelnasir A. hat seinen Hungerstreik beendet. Zuletzt gab es Probleme beim Nachzug seiner Familie. Die Situation seiner vierjährigen Tochter bleibt aber weiter ungelöst.
Am zwölften Tag seines Hungerstreiks bekam Abdelnasir A. die Nachricht, auf die er lange gewartet hatte: Die Behörden erlauben die Einreise seiner Familie nach Deutschland. So gab es der Sächsische Flüchtlingsrat bekannt. Der 30-jährige Geflüchtete aus Syrien hatte zuvor tagelang jegliche Nahrungsaufnahme verweigert, weil das Deutsche Konsulat den Nachzug seiner Familie aus der Türkei abgelehnt hatte.
„Wir sind alle extrem erleichtert über die schnelle Zustimmung der Behörden“, kommentierte Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat die Entwicklungen. Es sei ein „wichtiges Signal für alle Menschen, die ebenso wie Abdelnasir A. seit Jahren auf ihre Liebsten warten“.
Probleme beim Familiennachzug
Den im Januar gestellten Visumsanträgen sei am 16. Mai zugestimmt worden, bestätigte die Stadt Leipzig auf Anfrage der LVZ. Einen Tag später habe die Auslandsvertretung die Visa ausgestellt. „Die Bearbeitung erfolgte unabhängig von der Berichterstattung und deutlich zügiger als dies im Regelfall durch die stark belasteten Ausländerbehörden und Auslandsvertretungen möglich ist“, teilte ein Sprecher mit.
Abdelnasir A. war vor zwei Jahren mit seinem inzwischen vierjährigen Sohn aus Syrien nach Deutschland geflüchtet. Seitdem versuchte der 30-Jährige, seine Ehefrau Asmaa sowie seine Tochter Haya (4) und den erst anderthalb Jahre alten Sohn Anas nachzuholen. Obwohl sie in Deutschland bereits durch den erhaltenen Flüchtlingsschutz für den Familiennachzug berechtigt waren, herrschte zuletzt Funkstille vonseiten des Deutschen Konsulats – bis jetzt.
Vierjährige Tochter kann nicht mit einreisen
Doch trotz der aktuellen Entwicklungen seinen noch nicht alle Probleme gelöst, so Schmidtke. Denn bisher umfasse die Genehmigung nur seine Ehefrau und den anderthalb Jahre alten Sohn – nicht jedoch Tochter Haya. Die syrischen Behörden hätten sich geweigert, eine Geburtsurkunde für das Mädchen auszustellen. Deshalb konnte sie bisher kein Visum bekommen.
Das ist problematisch: Laut der Stadt Leipzig müssen die Verwandtschaftsverhältnisse des Kindes belegt und ohne Reisepass zudem nachgewiesen werden, dass die Passbeschaffung nicht zumutbar ist. „Die Deutsche Botschaft muss für die Tochter noch temporäre Reisedokumente ausstellen, sonst kann sie nicht mit der Familie nach Deutschland einreisen“, erklärte Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat. Die Leipziger SPD-Abgeordnete Nadja Sthamer habe bereits ein Schreiben an das Konsulat verfasst, in dem sie eine schriftliche Zusage der Behörde fordert. „Zwar gibt es eine mündliche Bestätigung, aber darauf wollen wir uns nicht verlassen“, so Schmidtke.
Seitens der Stadt Leipzig heißt es: „Als Behörde ist die Ausländerbehörde der Stadt Leipzig an die rechtlichen Voraussetzungen gebunden. Sind diese erfüllt, wird sie der Visumerteilung zustimmen.“
Mark Daniel 25.05.2024
Deutsches Konsulat blockiert Familiennachzug: In Leipzig lebender Flüchtling im Hungerstreik
Ein in Leipzig lebender Flüchtling ist im Hungerstreik: Da syrische Behörden ein Dokument nicht ausstellen, lehnt das Deutsche Generalkonsulat in Istanbul die Einreise der Familie ab. Der Zustand von Abdelnasir A. verschlechtert sich.
Ein in Leipzig lebender Syrer ist nach vergeblichen Versuchen, seine Familie nach Deutschland zu holen, in einen Hungerstreik getreten. Seit sieben Tagen nimmt Abdelnasir A. keine Nahrung mehr zu sich, der Zustand des 30-Jährigen ist laut dem Sächsischen Flüchtlingsrat mittlerweile bedenklich.
Vor zwei Jahren kam Abdelnasir A. mit seinem jetzt vierjährigen Sohn Usame in Leipzig an. Obwohl inzwischen beide in Deutschland durch den erhaltenen Flüchtlingsschutz für den Familiennachzug berechtigt sind, können Ehefrau Asmaa, Tochter Haya (3) und der anderthalbjährige Sohn Anas nicht aus der Türkei einreisen.
Kein Visum für die Tochter bekommen
Zunächst sah es gut aus: Im Januar 2024 hatte die Familie ein Visums-Interview beim Deutschen Generalkonsulat in Istanbul, wie der Flüchtlingsrat schildert. Doch für Tochter Haya wurde kein Visum erteilt, da die syrischen Behörden sich weigerten, eine Geburtsurkunde auszustellen.
Nun sollte ein DNA-Test der Eltern die Abstammung Hayas bestätigen und eine Einreise ermöglichen, ein laut UN-Flüchtlingskommissariat üblicher Weg. Doch das Deutsche Konsulat reagierte nicht darauf. Um wenigstens Mutter und Sohn Anas nach Deutschland zu holen, zog die Familie Hayas Visumsantrag zurück. Seitdem herrscht jedoch Funkstille von Seiten des Konsulats, Dutzende E-Mails bleiben laut Flüchtlingsrat unbeantwortet. Laut dem Verein Pro Asyl sind häufig der hohe bürokratische Aufwand und Personalnot in den Botschaften Ursache für den Stillstand.
„Kontakt zwischen engsten Familienangehörigen über Jahre zu unterbrechen, kommt für die Betroffenen mentaler Folter gleich“, sagt Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat. Weil Anas erst nach der Flucht geboren wurde, hat Abdelnasir A. sein jüngstes Kind noch nie gesehen. Psychisch mache ihm die Situation schwer zu schaffen, so Schmidtke. Werde Familiennachzug durch Behörden verhindert, blockiere das auch die Integration. „Ankommen ist erst wirklich möglich, wenn Menschen mental dazu in der Lage sind. Ich habe viele Menschen daran zerbrechen sehen.“
„Abdelnasir geht es von Tag zu Tag schlechter“
Am Donnerstag vor einer Woche begann der junge Syrer einen Hungerstreik, um auf seine verzweifelte Lage aufmerksam zu machen. Mittlerweile hat die Leipziger SPD-Bundestagsabgeordnete Nadja Sthamer das Auswärtige Amt angeschrieben – mit der dringenden Aufforderung, die Zusammenführung in Deutschland zu unterstützen.
„Abdelnasirs Schicksal und das seiner Familie ist eines von Tausenden“, erklärt Schmidtke. Er weist darauf hin, dass das Blockieren von Familiennachzug auch die Akzeptanz gegenüber Geflüchteten in Sachsen wie in ganz Deutschland stark beeinträchtige: „Damit bleibt es bei dem von manchen beargwöhnten Männerüberschuss unter Geflüchteten.“ Die meisten Frauen und Kinder träten die Flucht wegen zahlreicher Gefahren nicht an und reisten lieber kontrolliert und sicher nach. „Das jedoch wird immer wieder durch Herkunftsländer mit diktatorischer Führung verhindert.“
Schmidtke hofft, dass Sthamers Vorstoß etwas bewirkt. „Es muss so schnell wie möglich etwas passieren, Abdelnasir geht es von Tag zu Tag schlechter.“