Prozess um Leipziger „Fahrradgate“: Neuer Verteidiger für angeklagte Polizistin
Der Mammutprozess um den „Fahrradgate“-Skandal bei der Leipziger Polizei ist gerettet. Ein Leipziger Rechtsanwalt hat nach LVZ-Informationen kurzfristig die vakante Verteidigung übernommen.
Das drohende Aus für den Prozess um den „Fahrradgate“-Skandal bei der Leipziger Polizei ist vom Tisch: Im Mammutverfahren gegen die Hauptbeschuldigte in der Affäre um illegal verkaufte Fahrräder aus der Asservatenkammer hat der Leipziger Rechtsanwalt Erik Bergmüller das vakante Verteidigermandat übernommen. Dies teilte das Landgericht Leipzig auf LVZ-Anfrage mit.
Der bisherige Verteidiger Thomas Morguet hatte am Montagnachmittag zur großen Überraschung der zuständigen 8. Strafkammer sein Mandant niedergelegt. Wie er dem Gericht mitteilte, sehe er einen möglichen Interessenkonflikt, da er noch weitere Beschuldigte in dem Verfahren vertrete. Der Rückzug erfolgte wenige Tage, nachdem die angeklagte Polizistin Anke S. (47) vor Gericht ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte.
Demnach sei sie davon ausgegangen, berechtigt gewesen zu sein, solche Fahrräder für Spenden an gemeinnützige Vereine abzugeben, sagte die suspendierte Polizeihauptmeisterin. Diese Praxis sei mit Vorgesetzten abgestimmt gewesen. Spendengelder flossen an einen Gartenverein im Landkreis Leipzig, dessen Vorsitzender der Vater von Anke S. war. Persönliche Vorteile habe sie nie im Sinn gehabt.
Der Prozess gegen die Beamtin hatte Mitte März mit dem fast fünfstündigen Verlesen der Anklageschrift begonnen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft der früheren Leiterin der Asservatenkammer der Zentralen Bearbeitung Fahrradkriminalität (ZentraB) Bestechlichkeit, Diebstahl, Verwahrungsbruch und Urkundenfälschung vor. Vom 18. August 2014 bis zum 26. November 2018 soll sie in 155 Fällen mindestens 265 in amtlicher Verwahrung befindliche Fahrräder selbst genutzt oder an Dritte – überwiegend Kollegen der Polizei – weitergegeben haben.
Prozess wird nächste Woche fortgesetzt
Zum nächsten Verhandlungstermin am kommenden Dienstag wird Bergmüller, der in Leipzig studiert hat und seit 2017 zugelassener Rechtsanwalt ist, erstmals die Angeklagte vertreten. Es ist damit zu rechnen, dass zunächst über den weiteren Fortgang des Verfahrens beraten wird. Zudem könnte die Kammer sogenannte Schiebetermine zur Wahrung der Fristen anberaumen, um dem neuen Verteidiger die nötige Zeit zum Einarbeiten zu geben. Gegenüber der LVZ mochte sich Bergmüller noch nicht zu seiner neuen Aufgabe äußern. Er habe das Mandat schließlich erst am Mittwoch übernommen, hieß es.
In dem Prozess kämpft die Polizistin auch um ihre berufliche Zukunft. Bei einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr müsste das Dienstverhältnis per Gesetz beendet werden. Im Falle einer Geldstrafe, wie von der Kammer im Falle eines Geständnisses in Aussicht gestellt, würde verwaltungsrechtlich über das Dienstverhältnis entschieden werden.