Derby-Krawalle in Leipzig: Bewährung und Stadionverbote gegen Chemie-Fans

Knapp zwei Jahre nach den schweren Ausschreitungen von Chemie- und Lok-Fans in Leipzig sind in einem Mammutverfahren die ersten Angeklagten verurteilt worden. Die Liste der Tatvorwürfe ist lang.

Es war ein weiteres Skandalspiel in der Geschichte des Leipziger Fußballs: Vor knapp zwei Jahren kam es beim Derby zwischen Chemie und Lok Leipzig im Leutzscher Alfred-Kunze-Sportpark zu massiven Ausschreitungen. Jetzt sind die ersten angeklagten Fans verurteilt worden. Es gab Bewährungsstrafen und mehrjährige Stadionverbote.

An jenem 7. Mai 2022 eskalierte die Lage auf den Rängen derart, dass nicht nur Böller krachten, sondern Baumaterialien, Tische, Stühle geworfen und Einsatzkräfte attackiert wurden. Die Polizei bildete eine spezielle Ermittlungsgruppe, stellte bei einer Razzia in der Fanszene von Chemie unter anderem Waffen und Drogen sicher. Es kam sogar zur Abnahme von DNA-Proben – auch zur Identitätsfeststellung in zukünftigen Strafverfahren. Dies wurde aber vom Landgericht Leipzig in zwei Beschlüssen als rechtswidrig eingestuft. Ergebnis der umfangreichen Ermittlungen: knapp 170 Verfahren gegen Tatverdächtige aus beiden Fanlagern.

Lange Liste von Tatvorwürfen

Allein gegen mutmaßliche Anhänger der BSG Chemie Leipzig erhob die Staatsanwaltschaft mittlerweile über 60 Anklagen wegen des Tatvorwurfs des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall, des tätlichen Angriffs auf und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, der gefährlichen Körperverletzung in neun Fällen sowie der Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel. In einzelnen Fällen kommen auch noch Verstöße gegen das Vermummungsverbot hinzu. Weitere Ermittlungsverfahren zu diesem Thema sind noch nicht abgeschlossen.

Ein erster Prozess am Amtsgericht endete Mitte Dezember vorigen Jahres für einen Angeklagten mit einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Er wurde in den genannten Anklagepunkten für schuldig befunden. In diesem Fall hat die Staatsanwaltschaft allerdings noch eine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung eingelegt, teilte Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz auf LVZ-Anfrage mit. Das bedeutet, dass in zweiter Instanz nur noch die Höhe der verhängten Strafe verhandelt wird.

Im Februar dieses Jahres standen zwei weitere Beschuldigte, die ebenfalls der Fanszene von Chemie zugerechnet werden, vor Gericht. In einem Fall entschied das Amtsgericht auf zwei Jahre Haft. Diese bereits rechtskräftige Strafe wurde ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt – allerdings nur deshalb, weil der Mann ein Geständnis ablegte und sich bei den Polizisten entschuldigte. Zudem wurde dem Fußballfan ein Stadionverbot auferlegt.

Die zweite Verhandlung im Februar endete mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Außerdem bekam der Angeklagte ein Stadionverbot für drei Jahre und überdies die Auflage, gemeinnützige Arbeit zu leisten. Hier ist das Urteil aber noch nicht rechtskräftig.

Geldstrafen wegen Vermummung gegen Lok-Fans

Im Verfahrenskomplex gegen das Lager von mutmaßlichen Fans des 1. FC Lokomotive Leipzig geht es vor allem um Verstöße gegen das Vermummungsverbot. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind mittlerweile mehr als 40 Verfahren beim Amtsgericht rechtskräftig abgeschlossen worden. Per Strafbefehl, also ohne Hauptverhandlung vor Gericht, gab es hier Geldstrafen zwischen 900 und 3000 Euro.

Noch beim Amtsgericht anhängig sind nach Behördeninformationen aktuell etwa 20 Strafbefehle und Anklagen. In einzelnen Fällen wurde gegen Beschuldigte, die der Lok-Fanszene zugerechnet werden, auch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung durch Abbrennen von Pyrotechnik ermittelt.

Einige wenige Verfahren gegen tatverdächtige Fußballfans beider Lager wurden inzwischen eingestellt, etwa gegen Auflagen oder mangels Tatverdacht.