Gedanken und Fragen zum Angriff auf die Bäckerei in Leipzig ergänzt
Dem Text voran gestellt sei die klare Aussage, egal von wem letztendlich der Angriff auf das Hausprojekt umgesetzt wurde, so ist die Tat zu verurteilen. Solidarität gilt den Bewohner*innen des Hauses, die nichts mit dem Veranstaltungsraum „Bäckerei“ zu tun haben und auch die Morde der letzten Wochen in Israel nicht gefeiert haben. Bei jenen Gruppen und Menschen in und um die Bäckerei, die sich über Morde, Verstümmelungen, Entführungen und Vergewaltigungen in den letzten Tagen gefreut haben, diese verharmlosten oder leugneten, ist es jedoch nur schwerlich möglich „uneingeschränkt solidarisch“ zu sein.
Wer sind die Täter*innen? – „Das waren Nazis“ und dann: „Antideutsche“
Die Meldung über den Angriff auf die Bäckerei verbreitete sich in Leipzig und meist mit dem Zusatz, dass es ein weiterer Angriff von Neonazis gab. Es war nicht der erste Angriff im Leipziger Westen und auch nicht der erste auf das Hausprojekt in den letzten Jahren, daher war die Meldung von einem weiteren Neonaziangriff nicht überraschend. Rechte Angriffe sind in Leipzig und Sachsen Alltag. Dann erschien ein Bekenner*innenschreiben zur Tat auf Indymedia, welches kurz darauf gelöscht wurde. Das sollte aber für die K-Gruppen in Leipzig, deren Freund*innen und Teile des Hausprojektes völlig ausreichen um „Antideutsche“ als verantwortlich zu erklären. Aber wieso eigentlich? Weil ein Text auf Indymedia veröffentlicht wurde?
Bereits 2016 kam es in Dresden zu zwei Sprengstoffanschlägen (1) und einem späteren „Bekenner*innenschreiben“, welches ebenfalls gelöscht wurde. Die Täter*innen wurden natürlich zuerst in der „linken Szene“ gesucht, es gab doch diesen Text auf Indymedia. So waren es Antifaschist*innen, die eine „Belohnung“ zu Hinweisen auslobten (2) um nach den eigentlichen Täter*innen zu suchen. Dieser gehörte dann zum Pegida-Umfeld (3).
Dresden ist nicht Leipzig, mögen einige erwidern und überhaupt, Neonazis die Anschläge in Leipzig begehen und davon kommen? Noch nie gehört. 2015 verübten wahrscheinlich Neonazis aus Leipzig einen Angriff auf den Justizminister von Sachsen auf seine private Wohnung im Leipziger Süden „mit Buttersäure gefüllte Christbaumkugeln“. Für Polizei und Politik stand fest, das müssen „Linke“ gewesen sein (4). 2023 muss immer noch gesagt werden, „wahrscheinlich“ Neonazis, weil „Beweise“ für die Verurteilung von Neonazis nicht reichen, bei denen Linke in Sachsen verurteilt werden würden (5). 2016, vor dem Angriff in Connewitz, brennt das 8 Weapons Gym aus, Täter*innen werden nie ermittelt (6).
Auch linke Locations in Connewitz waren schon von Buttersäure-Anschlägen betroffen.
Es zeigt sich, Angriffe mit „Buttersäure“ gab und gibt es in Leipzig auch von Neonazis immer mal wieder, die Serie von Angriffen ließe sich auch in Leipzig fortführen, wenn sich denn die Mühe gemacht würde. Es gibt bspw. eine Vielzahl an rechten Angriffen und Anschlägen in der Stadt, die nie aufgeklärt wurden (7).
Für die Bäckerei, die K-Gruppen und deren Freund*innen scheint dies alle unerheblich, es gab einen Text auf Indymedia, damit stehen die Täter*innen fest: „Antideutsche“.
Jene sollen dann auch „Schweinefett“ genutzt haben.
Wo die Bullen… noch schreiben in ihrer Pressemeldung:
„Unbekannte warfen zwei mit einer übel riechenden, unbekannten Substanz gefüllte Gläser durch die Fensterscheiben in einen Vereinsraum. Da durch die Beamten nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte, ob es sich bei der Substanz um einen giftigen Stoff handelt, wurde die Feuerwehr informiert.“
Jene Linke, die gerne nach „9mm“ rufen für die Bullen, konnten also am Abend erleben, wie diese „Kriminalpolizeiinspektion“, die die Ermittlungen aufgenommen hat, das überall verbreitete „Schweinefett“ nicht von möglicher „Buttersäure“ oder anderen Substanzen zu unterscheiden weiß.
„…in der Nacht auf den 24. Oktober wurde eine rote Linie in der innerlinken Auseinandersetzung überschritten.“ (8)
Richtig, sollten wirklich „Antifas“ oder „Antideutsche“ hinter der Tat stecken, ist dem Kapitel der „Auseinandersetzung“ ein weiteres verurteilendwertes Ereignis hinzugefügt worden. Aber es stellt sich schon die Frage an „Antifaschistische Linke aus der Nachbar*innenschaft“, wo ihre „rote Linien“ eigentlich anfangen und wo sie aufhören?
Aktuell kommt keine K-Gruppe in Leipzig in ihren Statements, Kundgebungen, Post auf social Media oder bei Aktionen ohne die Relativierung der Morde, Verstümmelungen, Entführungen und Vergewaltigungen vom 7. Oktober in Israel aus. Verwiesen wird nur zu gerne auf „Ereignisse“ davor, die als Rechtfertigung der Taten genutzt werden. Müsste sich dann nicht ebenso vor dem vermeintlichen Angriff von „Antideutschen“, die Geschichte und Entwicklung der autoritären K- Gruppen, ihrer Unterstützer*innen und Freund*innen, angeschaut werden?
Als die „Antifaschistische Offensive Leipzig“ (AOLE 9) dazu übergegangen ist erklärte „Antideutsche“ zu bedrohen und später einzelne Mitglieder unter anderen Gruppenkonstellationen auch an Übergriffen auf Linke beteiligt waren, war von „roten Linie“ noch nichts zu hören. Als der „AK Nahost“ aus dem SDS (10) ebenfalls ein Hausprojekt in Leipzig „markierte“, herrschte in der linken Szene ebenfalls Stille.
Es sind Vertreter*innen der autoritären K-Gruppen in Leipzig, die seit vielen Jahren durch Bedrohungen, Einschüchterungen und mit Gewalt gegenüber erklärten „Antideutschen“ und allen anderen linken Strukturen in Erscheinung treten. Es sind auch Mitglieder von K-Gruppen gewesen, die sich vor dem Conne Island an Angriffen auf Besucher*innen der Veranstaltung vom Infoladen mit Finkenberg beteiligten. Es sind die autoritären K-Gruppen, die kein Problem damit haben mit Neonazis von Lok Leipzig zu klüngeln und vor ihren Projekten mit Klamotten abzuhängen, die nur über einen Versand von Neonazis zu erwerben sind. Einem Projekt um dessen „Übergabe / Übernahme“ sich ebenfalls Geschichten von eigentlichen „roten Linien“ erklären müssten.
Es sind die autoritären K-Gruppen von Leipzig, die sich nichtmal auf ihren eigenen „Bündnissen“ an ihre getroffenen Absprachen halten. Die sich öffentlich bekämpfen, wer die krassere „proletarischste, revolutionärste, Massenorganisation“ der Stadt ist und vor dem 1. Mai gegenseitig die Plakate abgerissen und überklebt haben. Dies dann auch auf ihren social Media Accounts ausgebreitet haben, bis die jeweiligen „ZK“ die Kommandos zum löschen der öffentlichen Schlammschlacht erteilten.
Es sind die K-Gruppen der Stadt, die sich immer wieder „spalten“, sich gegenseitig beklauen, verleumden und bekämpfen. Es ist völlig unklar ob in der Bäckerei innerhalb der autoritären K-Gruppen nicht die nächste Auseinandersetzung tobt, wie bereits bei der KO.
Es sind die autoritären K-Gruppen, die regelmäßig Veranstaltungen von anderen politischen Gruppen versuchen zu kapern und zu vereinnahmen, wohlwissend, dass sie nicht erwünscht sind.
Diese K-Gruppen arbeiten mit bewussten Auslassungen, verkürzten Darstellungen von Zusammenhängen und mehr, die Lüge ist Teil der politischen Propaganda und Agenda. Wer die letzten Jahren sich Veranstaltungen und Demonstrationen dieser K-Gruppen angeschaut hat und dann gelesen hat was diese dazu geschrieben haben und was dort erzählt wurde, weiß was von deren „Erklärungen“ zu halten ist. Auch die Verbreitung von Fake-News findet sich auf deren social Media Accounts.
Es sind die autoritären K-Gruppen in Leipzig, die eine der widerlichsten Gedenkveranstaltungen zum rechten Terror von Hanau veranstaltet haben. Es sind die K-Gruppen, die Morde an Zivilisten*innen feiern und bejubeln, nicht erst seit dem 7. Oktober 2023.
Auch die Konflikte innerhalb der Bäckerei gibt es schon länger, wie die Ereignisse von 2020 zeigen (https://cafeconnect.blackblogs.org/2020/02/23/unsere-schilderung-zum-vorfall-am-14-02-2020/)
Die Lieblingsfrage der antiimperialistischen Linken – Cui bono?
Immer wieder sind es die Genoss*innen der antiimperialistischen Linken, die besonders gerne für ihre Welterklärung die Frage in den Raum werfen: „Wem nützt es?“
Beim Angriff auf die Bäckerei in Leipzig kam sie von ihnen jedoch noch nicht, nicht mal von jenen, deren Politik sich darauf aufbaut (11).
Welchen „Nutzen“ sollen die „Antideutschen“ in Leipzig vom Angriff auf die Bäckerei eigentlich haben?
Die Freund*innen der K-Gruppen in Leipzig wissen jedenfalls die Tat schon für ihre „Soli-Aktionen“ zu nutzen und schreiben (12):
„Umso verurteilenswerter und klarer ist die rassistische und islamfeindliche Botschaft, die mit dem Angriff gesendet werden sollte!
Wir fragen uns auch, wieso ein Angriff gegen vermeintlichen Antisemitismus sich antisemitischer Symbolik – wie Schweinefett – bedient.
Kritik an politischen Gruppen lässt sich anders äußern, als über eine derart feige Aktion. Bekannt zu dem Anschlag hat sich die „Antifa“. Wir wollen klarmachen: Das war nicht die Antifa. Denn Antifa heißt Zusammenstehen!
In Zeiten, in denen ca. 500 bewaffnete Nazis untergetaucht sind und auf ihren Tag X warten, in Zeiten, in denen die faschistische AfD bald stärkste Kraft in Sachsen ist, in Zeiten, in denen die Repressionsorgane versuchen, unsere Familien und unser Leben zu zerstören sagen wir: wir lassen uns nicht brechen! So verzwickt die Konflikte auch sein mögen, möchten wir doch darauf hinweisen, nicht zur Seite zu schauen, sondern nach oben!“
Ein „Spontaner Zusammenschluss entsetzter antideutscher, antifaschistischer und antirassistischer Kommunisten:Innen aus Leipzig“ (13) schließt sich ebenfalls der Verurteilung des Angriffs auf die Bäckerei an.
Wer das „Cui bono? – Spiel“ der antiimperialistischen Linken spielt, dürfte bei der „antideutschen Szene“ in Leipzig nur auf Minus-Punkte nach den Angriff auf die Bäckerei kommen.
Wenn Neonazis es waren, können sich über das Ergebnis recht zu frieden sein, an sie denkt wohl niemand mehr. Auch die Bullen dürften sich freuen, scheint die Bäckerei sich den „Ermittlungen“ in ihrem Haus nicht verweigert zu haben. Für die K-Gruppen hat die Tat eigentlich nur positive Effekte.
Sollten doch „Antifas“ oder „Antideutsche“ die Bäckerei angegriffen haben, zeigt sich, dass diese sich wohl keinerlei Gedanken um alles machen, was nach so einem Abend an Konsequenzen folgt. Ähnlich wie nach dem Angriff auf die Moschee am 13.12. im Leipziger Osten sich offensichtlich kaum Gedanken gemacht wurden, was für politische Konsequenzen, Debatten und Konflikte sich daraus ergeben könnten und würden.
Die autoritären K-Gruppen in Leipzig scheinen trotz der dauerhaften Spaltungen und Konflikte untereinander, mit ihrem langfristigen Wunsch, die angeblich „antideutsche Hochburg“ zu zerschlagen, auch dank solch einer möglichen Unterstützung ihrer politischen Gegner*innen, näher zu kommen.
(1) https://www.addn.me/nazis/sprengstoffanschlaege-sorgen-fuer-entsetzen/
(2) https://www.inventati.org/leipzig/?p=4413
(3) https://www.addn.me/nazis/sprengstoffanschlaege-in-dresden-offenbar-aufgeklaert/
(4) https://www.inventati.org/leipzig/?p=4491
(5) https://knack.news/6162 / https://knack.news/6256
(6) https://de.indymedia.org/node/69388
(7) Ausschnitte finden sich in den Chroniken: https://chronikle.org/ereignisse / https://www.raa-sachsen.de/support/chronik?landkreis=Stadt+Leipzig
(8) https://knack.news/7076
(9) https://www.inventati.org/leipzig/?p=221
(10) https://www.inventati.org/leipzig/?p=2497
(11) https://knack.news/3902
(12) https://knack.news/7055
(13) https://knack.news/7067