Steimle und Dziuballa: Eine bemerkenswerte Freundschaft
Uwe Dziuballa betreibt ein koscheres Restaurant und bereichert das jüdische Leben in Chemnitz. Zugleich ist er mit dem Humoristen Uwe Steimle befreundet, dem Rechtsradikalismus vorgeworfen wird.
Seit 2000 gibt es das Shalom, heute an der Heinrich-Zille-Straße gelegen. Das einzige koschere Restaurant der Stadt wurde 2018 am Rande der Ausschreitungen im August angegriffen, der rechtsradikale Täter unterdessen verurteilt.
Seit Jahren aber wird vor allem in sozialen Netzwerken über die Freundschaft des Gastronomen Uwe Dziuballa mit dem Schauspieler und Komiker Uwe Steimle gestritten. Als er Steimle im Frühling dieses Jahres für eine Veranstaltung ins Kulturzentrum Kraftwerk am Kaßberg einlud, wollte die grüne Stadträtin Christin Furtenbacher eine Absage erwirken, da das Kraftwerk durch die kommunale Kulturförderung mitfinanziert wird. Der Abend ging vor vollem Haus über die Bühne.
Der MDR beendete 2019 die Zusammenarbeit mit Steimle, da für Intendantin Karola Wille laut „Spiegel“ eine Grenze überschritten wurde, da er den Sender als Staatsfernsehen bezeichne.
Zwischen allen Stühlen?
Wie ordnet Uwe Dziuballa seinen Freund politisch ein? „Er ist für mich dem Gefühl nach ein nach allen Seiten offener Mensch mit einem recht starken Linksdrall. Er ist für mich eher ein DDR-Nostalgiker, obwohl er immer wieder betont, dass er die DDR nicht wiederhaben will.“ Dass Steimle den typischen Ossi mimt, sich als Überlebenden der Wiedervereinigung bezeichnet und die Nostalgie vieler ostdeutscher Anhänger bedient, ist nicht zu übersehen. Ist das ein Linksdrall? Immerhin war die DDR eine antidemokratische Diktatur, ihre Verharmlosung ist fragwürdig. Der nahe Meißen lebende Landwirt und Steinmetz Andreas Vorrath hatte ihn als „völkisch-antisemitischen Jammerossi“ bezeichnet. Steimles Klage dagegen wurde vom Amtsgericht Meißen abgewiesen.
Uwe Dziuballa betont, dass Freundschaft nicht bedeute, zu allem die gleiche Meinung zu haben. Was hält er dann davon, wenn sein Freund sagt: „Wir wissen jetzt, dass wir von Wahnsinnigen regiert werden im Auftrag der Amerikaner. Niemand hat diese Leute gewählt, trotzdem beherrschen sie uns.“ Die auch bei „Reichsbürgern“ populäre These, Deutschland sei kein souveräner Staat, kommt bei Steimle mehrfach vor. Uwe Dziuballa sagt: „Das verstehe ich nicht, sehe es nicht so. Ich weiß nicht, ob die amerikanisch eingesetzt sind.“ Er verweist noch auf einen Besuch Robert Habecks im Schalom und ein langes Gespräch mit ihm. Und Demokratie sei im Fluss, kein hingestelltes fertiges Konstrukt.
Steimle bedient populistische Klischees
Am 9. Mai 2023 sagte Uwe Steimle am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow einem Journalisten: „Ich halte Putin für einen klugen Politiker, der bis jetzt noch seine sieben Sinne beisammen hat. Ich schätze ihn als Menschen sehr.“ Davon weiß Uwe Dziuballa nichts. Für ihn ist Putin ein Politiker, der den Clausewitzschen Gedanken des Krieges als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln extrem überspannt. Zu dem Thema wolle er mit seinem Freund telefonieren, fügt aber noch hinzu, dass Europa im Dialog mit Russland Chancen verpasst habe.
Es ist acht Jahre her, als Steimle im WDR sagte: „Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an, und wir Deutsche dürfen den Scheiß bezahlen?“ Der bekennende Jude Dziuballa kennt solche Aussagen, ist sich aber sicher, dass sich in diesem Punkt die Einstellung seines Freundes geändert habe. Er war mit ihm zusammen in Israel. Außerdem hat Uwe Steimle 5000 Euro für ein Denkmal des Chemnitzer Holocaust-Überlebenden Justin Sonder gespendet. Wenn dann aber der Kabarettist im Herbst 2022 wegen der Energiekrise sagt, dass wir Deutschen ja ein besonderes Verhältnis zum Gas haben, und jetzt geht uns auch noch diese Ressource aus, dann sind Zweifel am Wandel erlaubt. In der 100. Ausgabe seiner Youtube-Reihe „Aktuelle Kamera“, in der auch Uwe Dziuballa mitwirkt, spricht er zudem vom „Grünen Reich“. Die Anspielung auf das „Dritte Reich“, dem unter anderem Millionen Juden zum Opfer fielen, ist offensichtlich.
Vielfältige Kontakte nach Rechtsaußen
Was Uwe Steimle auf der Bühne und in seinen Videos sagt, ist die eine Sache. Er sucht aber auch die Nähe zu rechten bis rechtsextremen Personen und Medien. Er hat für die „Junge Freiheit“ und „Compact“ Interviews gegeben und mit dem von den NPD-Schulhof-CDs bekannten Musiker Sacha Korn ein Lied eingespielt. Mit dem Leipziger Rechtsextremisten Hans-Joachim Müller, der Werbung für die antisemitische Hetzschrift „Protokolle der Weisen von Zion“ macht, hat er mehrere Videogespräche produziert. Er nennt ihn „mein lieber Hajo“, von seinen Fans wird Müller aber Hajott genannt (in Anlehnung an HJ für Hitler-Jugend).
Vor einem Jahr gab es auf Einladung Steimles ein Zusammentreffen von ihm, Uwe Dziuballa, einem Redakteur der „Super Illu“ und Susanne Dagen in Dresden. Die Loschwitzer Buchhändlerin und Verlegerin Dagen ist fest in rechtsextreme Strukturen integriert. Ihre Buchreihe lässt sie von Götz Kubitschek vermarkten, dessen Organisationen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft werden. Mit dessen Frau Ellen Kositza betreibt sie eine Literatursendung, ist auch mit dem Kopf der österreichischen Identitären Martin Sellner befreundet.
Dziuballa sagt, dass er vor dem Treffen nicht wusste, wer Susanne Dagen ist. Das dreistündige Gespräch sei trotzdem harmonisch verlaufen, ohne Streit. Seitdem habe er aber keinen Kontakt mehr mit ihr gehabt.
Es gibt zwei Betrachtungsgsweisen zu der eigenartigen Freundschaft der zwei Uwes. Für Uwe Dziuballa ist Steimle ein für Diskussionen empfänglicher Gesprächspartner, auf den er mäßigend und korrigierend wirken kann. Eine andere Sichtweise ist aber, dass damit rechte bis rechtsextreme Thesen normalisiert werden, damit sie in der viel beschworenen Mitte der Gesellschaft ankommen.