EISENBERG: Eine Stadt für Alle? Gegen den rassistischen Konsens

Gemeinsame Zuganreise aus Leipzig

Treffpunkt: Leipzig Hbf., Sa., 10.06.,
Abfahrt: 11:54 Uhr, Gl. 8
Ankunft in Eisenberg: ca. 13:15 Uhr
 
Weitere Infos unter: https://ais-shk.de/aktionen/stadt-fuer-alle-2023/

Aufruf

Wie in vielen deutschen Städten wirkt in Eisenberg das weit zurückreichende koloniale Erbe auf problematischste Weise nach: Als Wahrzeichen der Stadt bedient sich Eisenberg einer überzogen exotisierten Darstellung eines halbnackten Schwarzen Menschen in Federrock und mit Goldschmuck, der auf einem Brunnen am Markt prangt. Diese Figur, der sog. M-Sage. wird als essentieller Teil der Entstehungssage des Stadtwappens verwendet, so sind hier u.a. eine Apotheke, ein Hotel und eine Straße benannt. Auffällig ist, dass ein kritischer Umgang mit rassistischen Klischees und kolonialen Narrativen von der Stadt Eisenberg völlig außer Acht gelassen wird. 
Stattdessen wird seit 2019 ein Stadtfest mit der Bezeichnung “M*-Fest” neu veranstaltet, und das obwohl bundesweit schon seit Jahren Debatten über die Umbenennung von öffentlichen Orten geführt werden, deren Namen problematische Geschichtsbilder unhinterfragt glorifizieren oder mindestens reproduzieren. Die Stadt Eisenberg und einzelne Unternehmen jedoch sind an einer solchen kritischen Auseinandersetzungen nicht interessiert. Es wurde sich sogar das Ziel gesetzt, die vermeintliche Stadtgeschichte in Form eines fragwürdigen Alleinstellungsmerkmals zu vermarkten. So gibt es immer mehr Produkte und Orte, die sich der rassistischen Wortwahl und Bildsprache bedienen und daraus finanziellen Profit generieren.
Auf dem Fest selbst wird die Diskriminierungskultur durch Theatervorführungen der besagten Entstehungssage des Stadtwappens weitergeführt. Als Schwarze Menschen verkleidete weiße Kinder spielen zum Beispiel die Sage unbedarft nach, im M*- café werden die Gäste von einem Kellner mit schwarz bemaltem Körper bedient (auch Black Facing genannt) oder ein Likör mit rassistischer Bezeichnung wird ohne Skrupel verkauft. 
Im Eisenberger Stadtkern lässt sich eine Entwicklung über die letzten Jahre erkennen: Seit Dezember 2022 gibt es hier ein Tattoostudio, das von Neonazis betrieben wird, über das hauseigene Label kann Kleidung mit Aufdrucken wie “Antisemit” oder “Liebe deine Rasse” erworben werden. Neben diesem Tattoostudio in Richtung Markt liegt das Büro der AfD, das es hier schon seit ein paar Jahren gibt, gegenüber das Rathaus und nebenan das M*-café sowie das Hotel am M-Brunnen. Vielleicht wird durch diese kurze Skizze etwas klarer, welches Klima in der Stadt herrscht und dass das Eisenberger M*- Fest eben insbesondere unter diesen Umständen kein “buntes und tolerantes” Stadtfest sein kann, wie es der Bürgermeister behauptet.
Wo Nazis und rassistische Sprache toleriert werden, ist schnell Schluss mit bunt und tolerant – wir schlagen Alarm!
Mit vollem Bewusstsein über die bestehende Kritik findet 2023 zum dritten Mal das Eisenberger Stadtfest mit dieser Ausrichtung und dem neuen Namen statt. Diverse antirassistische Verbände (u. a. die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland) haben immer wieder das Gespräch mit der Stadt gesucht und konstruktive Kritik geübt – jedoch ohne Erfolg. Einem ernsthaften Dialog sowie kritischer Aufarbeitung ist Bürgermeister Michael Kieslich (CDU) gekonnt aus dem Weg gegangen, womit er die von ihm propagierte „offene und vielfältige Kultur“ in der Stadt selbst ad absurdum geführt hat. 
Dieser Status Quo, in dem weiße Menschen ihre Eigenverantwortung zur Aufarbeitung verinnerlichter Rassismen und kolonialer Weltbilder systematisch leugnen, ist für uns nicht hinnehmbar. Aus diesem Grund haben wir im letzten Jahr mit öffentlichem Gegenprotest begonnen, um den Druck auf die Stadt zu erhöhen und unsere Forderungen in den öffentlichen Raum zutragen! Wir, eine Initiative von Menschen aus Eisenberg, dem SHK und der näheren Umgebung stellen uns gegen ein Stadtfest mit derartiger Namensgebung. Dass insbesondere die Kritik von Schwarzen Menschen ignoriert und nicht ernst genommen wird, macht einmal mehr deutlich, wie tief verwurzelt Rassismus in Deutschland ist. 
Auch in diesem Jahr wollen wir wieder sichtbar Stellung zu den von uns kritisierten Missständen beziehen und ein alternatives Angebot schaffen. Wir wollen Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen, damit Betroffenen endlich zugehört wird.
Wir veranstalten erneut eine Kundgebung bei spannenden Redebeiträgen, Musik, Infoständen und Mitmachangeboten und klagen den rassistischen Konsens an – Eisenberg, es reicht! 
Solidarität mit Betroffenen von Rassismus und Diskriminierung!
Unsere Forderungen:
  • Das „M*-Fest“ soll umbenannt werden!
  • Die Stadt Eisenberg soll die Stadtgeschichte historisch fundiert aufarbeiten!
  • An einschlägigen Orten sollen kritische Infotafeln angebracht werden und Orte
  • der Auseinandersetzung geschaffen werden!

Anmerkung knack.news: Treff- und Abfahrtzeit waren identisch. Wir haben nach einem Hinweis per Mail die Abfahrszeit auf eine plausiblere geändert!