Mutmaßliche Misshandlung im Feuerwehr-Camp holt Rötha nach halbem Jahr erneut ein

Vor mehr als einem halben Jahr soll ein Mädchen aus Rötha in einem Jugendfeuerwehr-Camp misshandelt worden sein. Die Ermittlungen laufen schleppend. Ein Fernsehbeitrag sorgt jetzt noch einmal für Wirbel.

Ein Jugendcamp mit Spiel, Spaß und Ausbildung ist für ein Mädchen zum bitteren Ernst geworden. Betreuer der Jugendfeuerwehr Rötha (Landkreis Leipzig) sollen dort die heute 14 Jahre alte Celine Schulz angebunden und misshandelt haben. Das Zeltlager fand Anfang September in Kitzscher statt. Ein halbes Jahr später holen die noch immer nicht aufgeklärten Vorwürfe die Stadt Rötha und ihre Feuerwehr erneut mit Brachialgewalt ein.

Die Leipziger Volkszeitung hatte damals zuerst über den Vorfall und die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Misshandlung einer Schutzbefohlenen berichtet. Monate später stürzte sich jetzt ein privater Fernsehsender auf die Geschehnisse, nachdem sich die Familie an einen Redakteur gewandt hatte, wie Mutter Diana Schulz der LVZ bestätigt.

Polizei ermittelt wegen Bedrohung

Ihre Tochter habe damals viel mitgemacht und denke heute an manchen Tagen immer noch daran. Eine Folge des dreieinhalb Minuten langen Films, der bei RTL mehrfach ausgestrahlt und in sozialen Netzwerken geteilt wurde, war ein heftiger Shitstorm gegen Bürgermeister Pascal Németh (Wählervereinigung Röthaer Land) und gegen die Röthaer Feuerwehr.

Hunderte, gar bis in die Tausende gehende Kommentare wurden gepostet. Einige Schreiber gingen so weit, dass die Polizeidirektion Leipzig nun sogar wegen möglicher Bedrohungen ermittelt. Im Fokus einiger Hass-Kommentatoren standen sowohl der Stadtchef als auch die Feuerwehr.

„Aufgrund der in den sozialen Netzwerken veröffentlichten Aussagen gegenüber dem Röthaer Bürgermeister und der Freiwilligen Feuerwehr Rötha wurden seitens der Kriminalaußenstelle in Grimma die Ermittlungen wegen des Verdachts einer Bedrohung aufgenommen“, sagt Polizeisprecher Olaf Hoppe auf LVZ-Anfrage. Um welche und wie viele Kommentare und Absender es konkret geht, teilt Hoppe nicht mit. Nur allgemein heißt es, es würden alle zur Verfügung stehenden relevanten Beweismittel gesichert und ausgewertet.

Schilderungen werden nachgestellt

Das betroffene Mädchen und seine Mutter hatten vor laufender Kamera mit einem Team von RTL gesprochen und die Vorgänge bei dem Feuerwehr-Camp geschildert. Der Sender stellte zur Bebilderung die beschriebenen Szenen nach. Im Film ist zu sehen, wie eine weibliche Person kopfüber in eine Mülltonne gesteckt, wie ihr Klebeband auf den Mund geklebt und um Gelenke gewickelt wird und wie sie mit einem Gurt an eine Bank gebunden wird.

Bürgermeister Németh wird in dem Beitrag indirekt vorgeworfen, er habe die Angelegenheit vertuschen wollen, indem er das Gespräch mit der Mutter des Mädchens suchte. Der LVZ sagt Nemeth jetzt: „Das trifft mich sehr hart.“ Damit meint er den Fernsehbeitrag, vor allem aber auch die gegen ihn und die Feuerwehr gerichteten Kommentare.

Die reichen von Mitgefühl für die 14-Jährige über Fassungslosigkeit bis zu Hass und Drohungen. In die letzte Kategorie fallen Sätze wie diese: „Dann würde ich die mal besuchen auf deren Dienststelle!“, „Daraufhin erstmal die Feuerwehr anzünden“ sowie auch der Aufruf „Die komplette Wache anbrennen!“. Etliche solcher und ähnlicher Kommentare waren laut Ortswehrleiter Klaus Schömann auch auf der Facebook-Seite der Ortsfeuerwehr Rötha eingegangen. Die hat ihren Account daraufhin vom Netz genommen.

Polizei sieht keine konkrete Gefahr

„Wir nehmen die Situation ernst“, sagt Polizeisprecher Hoppe zu den Kommentaren. Zugleich relativiert er die Situation mit den Worten: „Eine konkrete Gefahr ist aktuell nicht begründbar.“

Angesichts der jetzt erneut hochkochenden Emotionen ist um so verwunderlicher, wie lange die Ermittlungsbehörden brauchen, um den Fall aufzuklären.

Das ärgert auch Bürgermeister Németh. Nach dessen Kenntnis hat die Polizei bisher nur die junge Röthaerin und einen Zeugen vernommen. Die drei Tatverdächtigen, die Németh gleich nach dem Vorfall in Kitzscher vom Dienst suspendiert hatte, seien hingegen noch nicht befragt worden. Polizei und Staatsanwaltschaft äußern sich zu den laufenden Ermittlungen nicht.

Auch RTL zitiert den Bürgermeister unter anderem mit dem Satz: „Es ist unter keinen Umständen hinnehmbar, dass die Sache nicht erschöpfend aufgeklärt wird.“ Weiter sagt er: „Der Vorfall macht mich selbst tief betroffen, und ich fühle mit dem Opfer und ihrer Familie.“

Stadtwehrleiter hofft auf baldige Aufklärung

Wie Németh hofft Stadtwehrleiter Heiko Röser, der allen fünf Röther Ortsfeuerwehren vorsteht und damals nicht mit in Kitzscher war, auf eine baldige Aufklärung des Vorfalls. Solange es die nicht gibt, bleibe die Situation eine Belastung sowohl für die Familie als auch für die Feuerwehr, sagt er. „Natürlich wird in den Ortsfeuerwehren darüber gesprochen“, so Röser.

Den Fernsehbeitrag, der weitgehend nur anhand der Schilderungen des Mädchens entstand, hält Röser allerdings für nicht fair. Aus seiner Sicht dürften die mutmaßlichen Täter erst dann zur Verantwortung gezogen werden, wenn die Ermittler genau wissen, was passiert ist. Sollten die Vorwürfe jedoch bewiesen werden, „dann werden die ihre Strafe bekommen“, sagt der Stadtwehrleiter mit Nachdruck. Der zugleich eine Lanze für den Bürgermeister bricht. „Auf keinen Fall will der das vertuschen“, meint Röser.

Eine zügige Aufklärung und Strafen für die mutmaßlichen Täters wünscht sich auch Celines Mutter Diana Schulz. Der mutmaßliche Übergriff der Betreuer auf das Mädchen hatte sich am Ende eines Feuerwehr-Camps in Kitzscher innerhalb der Röthaer Jugendfeuerwehr ereignet. Das Geschehen begann damals mutmaßlich als Spaß. Der eskalierte dann aber so weit, dass das Mädchen sogar Verletzungen davon trug.