Neue rechtsradikale Fangruppierung beim Chemnitzer FC?

Nach MDR-Recherchen ist eine neue Gruppierung im Fanblock des Chemnitzer FC rechtsradikal geprägt. Die Vereinsführung gibt sich ahnungslos, auch die Polizei sieht keine Probleme.

„Kamenica Furor“ prangt auf der neuen Zaunfahne, die beim letzten Regionalliga-Heimspiel des Chemnitzer FC am 9. Dezember gegen Hertha BSC II erstmals in der Fankurve hing. Sie gehört einer neuen gleichnamigen Fangruppierung. „Ehre, Treue, Leidenschaft“ steht in kleineren Buchstaben noch auf dieser Fahne. Erstmal alles unverfänglich – aber dem MDR liegen Informationen vor, dass diese neue Gruppierung rechtsradikal geprägt ist.

„Zusammenschluss alter und neuer Kräfte“

Demnach sind bei „Kamenica Furor“ in der Szene einschlägig bekannte Anhänger organisiert. Ein Informant beschreibt „Kamenica Furor“ in einer Kurznachricht als „Zusammenschluss alter und neuer Kräfte“ aus dem rechten Milieu. Auf die Nachfrage, ob die Vereinsführung des CFC davon wisse, kommt von dem Informanten eine kurze und prägnante Antwort: „Ja.“

Der Chemnitzer FC selbst will von der rechtsradikalen Ausrichtung der neuen Fangruppe keine Kenntnis haben. Auf einen detaillierten Fragenkatalog des MDR antwortete der Verein nur ausweichend: „Nach Rücksprache mit den zuständigen SKB’s (Szenekundige Beamte der Polizei, Anm. d. Red.) und den Sicherheitsträgern im Rahmen des Spieltages wurde die Zaunfahne als zulässig und die Gruppe als junge Ultra-Gruppierung eingestuft.“

Gründung von „Kamenica Furor“ seit Herbst bekannt

Diese Einstufung am Spieltag selbst ist widersprüchlich: Die Polizei Chemnitz schrieb auf MDR-Anfrage, von der Gruppierung erst bei besagtem Hertha-Spiel Notiz genommen zu haben. Eine Einschätzung am selben Tag zur politischen Ausrichtung der Gruppierung ist damit kaum realistisch. Dass die Polizei mit ihren szenekundigen Beamten nichts von der Gründung der neuen Fangruppierung mitbekommen hat, ist bemerkenswert. Denn die Gründung von „Kamenica Furor“ war keineswegs geheim.

Der MDR hatte bereits Ende Oktober davon erfahren und am 28. Oktober auch eine Anfrage zum Thema Zaunfahnen an den Chemnitzer FC geschickt. Quellen aus der Fanszene sagen, dass „seit Herbst“ die Gründung der neuen Gruppierung bekannt gewesen sei – und eben auch ihre rechtsradikale Struktur. Eigentlich sollte die Zaunfahne wohl schon am 29. Oktober beim Heimspiel gegen Meuselwitz hängen.

„Kein Kommentar“ des Fanszene Chemnitz e.V.

Nachdem die Polizei Chemnitz die neue Gruppierung bemerkt hat, ist sie offenbar aktiv geworden. Nur sechs Tage später beantwortete sie eine MDR-Anfrage wie folgt: „Wir gehen aktuell davon aus, dass die etwa 25 Mann große Gruppe auf der Ultra-Kultur fußt, politisch uninteressiert ist“, heißt es schriftlich. Die Polizei will der neuen Gruppierung „keine besondere Gewaltbereitschaft zuschreiben.“ Darüber hinaus teilte sie mit, dass die „Fanszene Chemnitz“ die Neugründung begrüße und positiv gestimmt sei. Die „Fanszene Chemnitz e.V.“ beantwortete die entsprechende Anfrage knapp: „Kein Kommentar“.

Wer die führenden Köpfe dieser Gruppierung sind, dazu wollte die Polizei Chemnitz nichts sagen. Auch die CFC-Vereinsführung antwortete ausweichend dazu: „Im Fall von ‚Kamenica Furor‘ handelt es sich nicht um einen offiziellen Fanclub“, sondern um eine Fangruppierung. Nur offizielle Fanklubs würden vom Verein „stringent geprüft“.

2019: Deutschlandweite Empörung nach Trauerfeier

Bei einem anderen Verein wäre ein derartiges Vorgehen möglicherweise nicht zu beanstanden. Die Chemnitzer Fanszene ist aber nach Einschätzung von Rechtsextremismus- und Hooligan-Experte Robert Claus seit Jahrzehnten von einer rechten Fankultur geprägt. Angefangen mit der Gruppierung „HooNaRa“ (Die Abkürzung steht für Hooligans, Nazis und Rassisten), über die „NS-Boys“ (NS soll für New Society stehen) und „Kaotic“, die sogar vom Verfassungsschutz beobachtet wurde und mittlerweile verboten ist.

Auch der Führung des Vereins ist diese Historie spätestens seit 2019 bewusst, als eine Trauerfeier im Stadion an der Gellertstraße für einen stadtbekannten Neonazi deutschlandweit für Empörung sorgte. Deswegen hatte man am Stadion ja auch ein großes Banner mit der Aufschrift angebracht: „Über 15000 Plätze aber keiner für Nazis.“ Mittlerweile hängt dieses Banner nicht mehr. Auch auf der Klubwebsite ist es nicht mehr zu sehen. Und jetzt hat der CFC die Zaunfahne von „Kamenica Furor“ zugelassen, einer Fan-Gruppierung, bei der zumindest vieles darauf hindeutet, dass sie enge Verbindungen ins rechtsradikale Milieu hat.