Klimaaktivisten oder kriminelle Vereinigung? Wie gefährlich ist die „Letzte Generation“? Innenminister planen bundesweites Lagebild

Nach einer Woche Auszeit hat die Klimaprotestgruppe „Letzte Generation“ angekündigt, ihre Störaktionen zu verstärken. Zeitgleich haben die Innenminister von Bund und Ländern beschlossen, die Strukturen und Führung der Gruppe unter die Lupe zu nehmen – bundesweit. Die Sicherheitsbehörden sehen das skeptisch.

Die Innenminister von Bund und Ländern nehmen die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ genauer unter die Lupe. Auf der Innenministerkonferenz (IMK) an diesem Freitag beschlossen sie, ein Lagebild über die Gefährlichkeit der Gruppe und ihre bundesweiten Aktionen erstellen zu lassen. Das erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nach der IMK in München.

Angesichts der Ankündigung der Gruppe „Letzte Generation“, wieder mehr Aktionen durchführen zu wollen, nannte Herrmann es offenkundig, dass eine straffe Organisation hinter den Aktionen stehe. In der Folge müsse geklärt werden, ob es sich sogar um eine kriminelle Vereinigung handele, so Herrmann.

Dirk Wiese, SPD-Fraktionsvize im Bundestag, unterstützte die Pläne – und schrieb sie auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu: „Sei es kleben oder blockieren: Die Aktionen der ‚Letzten Generation‘ sind inakzeptabel und müssen konsequent mit dem geltenden Recht verfolgt werden“, sagte Wiese dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit dürfe man nicht hinnehmen, „egal von welcher Seite“, so der Innenpolitiker. Die Gruppierung schaden dem wichtigen Anliegen der Bekämpfung des Klimawandels. „Ich bin Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der Innenministerkonferenz dankbar, dass zeitnah ein Lagebild zu den Aktivitäten der Gruppe erstellt werden soll“, sagte Wiese. So könne man sie in ihrer Breite besser einordnen.

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erklärte, die Sicherheitsbehörden müssten ermitteln, ob die „Letzte Generation“ netzwerk- oder gruppenartig organisiert sei und „wer die Steuerung inne hat“, sagte er der Leipziger Volkszeitung. Bereits vor einigen Tagen hatte auch Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) ein länderübergreifendes Vorgehen gefordert, um die Aktionen möglichst im Vorfeld zu unterbinden.

Aus den Sicherheitsbehörden kam sowohl Skepsis gegenüber diesen Forderungen, als auch die Warnung vor möglicher Eskalation der Protestaktionen. „Die Letzte Generation ist für sich genommen noch keine extremistische Organisation. Aber seit vielen Monaten versuchen Linksextremisten, Fridays For Future und die Letzte Generation zu unterwandern und aus der Klimakrise eine Systemkrise zu machen“, sagte der Präsident des thüringischen Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, dem RND.

Politik muss für Zuversicht sorgen

Außerdem mache sich bei vielen jungen Leuten eine Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit breit, die „schon fast pathologische Züge annimmt“, so Kramer: „Das könnte zu einer Eskalation der Proteste über das hinaus führen, was wir bisher erlebt haben.“ Wo dies erkennbar sei, müsse man es frühzeitig unterbrechen. Eine nötige Gegenmaßnahme sei aber auch, dass die Politik die Klimakrise ernsthaft bekämpfe und so für Zuversicht sorge.

Kramer betonte: „Wir dürfen uns als Verfassungsschützer nicht daran beteiligen, die Bewegung politisch zu diskreditieren.“ Man dürfe aber für Klebeaktionen oder ähnliche Protestformen kein Verständnis zeigen: „Sonst kriegen wir Selbstjustiz, und das Vertrauen in den Rechtsstaat erodiert noch mehr.“

Zuvor hatte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, erklärt, er erkenne derzeit nicht, dass sich die Gruppierung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richte. „Das Begehen von Straftaten macht diese Gruppierung jetzt nicht extremistisch“, hatte er gesagt. Dass CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor einer „Klima-RAF“ warnte, nannte Haldenwang „Nonsens“.

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Die „Letzte Generation“ selbst kündigte am Freitag nach einwöchiger Unterbrechung ihrer Proteste neue und verstärkte Störaktionen vor allem in Berlin und München in der kommenden Woche an. Man wolle „an allen Ecken und Enden“, auch mit symbolischen Aktionen, den Alltag der Gesellschaft stören – erneut vor allem an Verkehrsverbindungen.

Die Gruppe blockiert seit Januar in mehreren Städten immer wieder Straßen. Später klebten sich Anhänger auch an Kunstwerke und zuletzt aufs Rollfeld des Berliner Flughafens.