Augenzeuge in Torgau empört: Rassistische Sprüche an der Bushaltestelle
Ein Torgauer wird am helllichten Tag Zeuge, als ein junger Mann rechtsextremistische Parolen an den Unterstand einer Bushaltestelle klebt. „Es ist nicht akzeptabel, dass Hass geschürt wird“, sagt der Zeuge. Was genau sind das für Slogans, die dort jetzt zu lesen sind?
Rohan F. kann es nicht fassen. Seit langem lebt er in Torgau, fühlt sich eigentlich wohl hier. Was er jüngst an dem Unterstand an der Bushaltestelle „Straße der Jugend“ beobachtete, ließ ihn jedoch erschaudern: „Ein junger Mann hat zwei ausländerfeindliche, rassistische Aufkleber angebracht“, erzählt er. „Mitten am helllichten Tag. Und das an einer Haltestelle, die sehr viele Schüler nutzen.“
Rohan F. (Name geändert) möchte das nicht hinnehmen. Um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, machte er die TZ auf die kleinen Aufkleber aufmerksam, die in Höhe der Sitzgelegenheiten zunächst wenig ins Auge fallen.
Was hinter den Slogans steckt
Was sind das für Parolen? Bei dem Aufkleber „White Lives Matter“ handelt es sich um einen rassistischen Slogan, der seit 2015 von weißen Rechtsextremen in den USA genutzt wird. Er ist eine Abwandlung der Parole „Black Lives Matter“ (Schwarze Leben zählen). Das wurde zum Schlachtruf während der Proteste, die sich gegen rassistische Polizeigewalt wenden, von der sich in Amerika viele Schwarze bedroht sehen. Mehrere schwarze US-Amerikaner waren dieser Gewalt zum Opfer gefallen, darunter George Floyd im Mai 2020. Die anschließenden weltweiten Proteste trieben auch in Deutschland Hunderttausende auf die Straßen.
Die Parole „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ wurde unter anderem von der Identitären Bewegung, einer rechtsextremen Splittergruppierung, verbreitet. Es gibt sie in zahlreichen Varianten im Internet: Als Aufkleber, entweder aus Papier oder in einer „wetterfesten“ Variante, als Aufdruck auf T-Shirts, wahlweise in der bei Rechten beliebten Frakturschrift, oder grell leuchtend auf Hoodies, unterlegt mit den Umrissen Deutschlands in Schwarz/Rot/Gold.
„Das ist nicht akzeptabel“
„Wie kann es nur angehen, dass ein junger Mensch so etwas im Jahr 2022 verbreitet?“, wundert sich der 37-jährige Rohan F., der selbst ausländische Wurzeln hat. „Es ist nicht akzeptabel, dass so ein Hass geschürt wird.“ Menschen, die solche Aufkleber verbreiten, haben auch etwas gegen Menschen wie ihn, das weiß er. Eine Erkenntnis, die ihn schmerzt, auch wenn er schon viele Jahre hier lebt, die Sprache fließend spricht, hier arbeitet, Steuern zahlt und sich eigentlich „gut integriert“ fühlt. „Ich frage mich, wie Menschen darauf reagieren, die hier noch relativ neu in Deutschland sind, sich fremd fühlen oder ganz anders aussehen“, gibt er zu bedenken.