Besuch bei Leipziger Bundespolizei: Innenministerin Faeser will Bahn-Infrastruktur besser schützen

Nach Sabotageangriffen auf Bahnstrecken in Herne und Berlin hat sich Innenministerin Nancy Faeser ein Bild in Leipzig gemacht, wie in der Messestadt die kritische Infrastruktur geschützt wird.

Spätestens seit den Sabotageangriffen auf das Netz der Deutschen Bahn und die Erdgaspipelines in der Ostsee ist die kritische Infrastruktur stärker in den Fokus gerückt. In Nordrhein-Westfalen und in Berlin hatten unbekannte Täter ein wichtiges Funknetz der Bahn gekappt, über das unter anderem Lokführer und Leitstellen miteinander kommunizieren. Der Bahnverkehr in Norddeutschland kam für mehrere Stunden vollständig zum Erliegen.

Bundesweit verlaufen diverse Kabeln in Schächten entlang der Trassen. Die alle zu schützen, ist wohl illusorisch. Doch die Bundespolizei ist sensibler geworden, achte bei der Bestreifung darauf, wer sich an ungewohnten Stellen den Gleisen nähert. Nancy Faeser (SPD), die Bundesministerin des Innern und für Heimat, machte sich am Montag bei der Bundespolizeiinspektion Leipzig am Hauptbahnhof ein Bild davon, wie das funktioniert sowie was angesichts des Sabotageaktes unbedingt verbessert werden kann und muss. Per Hubschrauber besichtigte sie zudem von oben die Gleisanlagen. „Wir nehmen die aktuelle Gefährdungslage sehr ernst“, sagte sie. „Die Sicherheit unserer kritischen Infrastruktur hat für mich die höchste Priorität.“

Neuralgische Punkte werden besonders geschützt

Bundespolizei und Deutsche Bahn würden laut Faeser jeden Tag Hand in Hand dafür sorgen, dass Millionen von Menschen sicher durch die Bundesrepublik reisen können. 4300 Sicherheitskräfte der Bahn und 5500 Bundespolizisten seien deutschlandweit im Einsatz. „Ich will aber auch in aller Deutlichkeit sagen: Es ist nicht möglich, mehr als 33.000 Kilometer Bahnstrecke sowie Millionen Kabel-Kilometer vollumfänglich mit Kameras, Sensoren oder gar Polizeibeamten zu schützen“, so die Ministerin. An „besonders neuralgischen Punkten und bei konkreten Gefährdungshinweisen“ würden freilich alle notwendigen Schutzmaßnahmen ergriffen. Gemeinsam identifizierten Bundespolizei und Bahn relevante Kabelschächte und Knotenpunkte.

In Leipzig hat sich die Ministerin mit Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) den sogenannten Entschärfungsdienst der Polizei angeschaut, der zum Schutz der kritischen Infrastruktur vorgehalten wird. „Die sind bundesweit verteilt, um ein schnelles Eingreifen bei entsprechenden Situationen gewährleisten zu können“, so Faeser. Die Beamtinnen und Beamten sind speziell für die Entschärfung von Spreng- und Brandvorrichtungen zuständig, die selbst hergestellt worden sind. Eine besondere Situation in Leipzig rund um den Hauptbahnhof gebe es nicht, hieß es. Faeser lobt die „gut aufgestellte Bundespolizeiinspektion Leipzig“, die vielfältige Aufgaben, wie auch den Schutz des Flughafens und Aufgaben der Rückführung bei abgelehnten Asylbewerbern, meistere.

Bund will Kamera-Überwachung ausweiten

Derzeit werden die Bahnhöfe und Bahnanlagen bundesweit mit Hilfe von 9000 Kameras beobachtet. Bis 2024 sollen 180 Millionen Euro investiert werden, um die Zahl auf 11.000 Kameras zu erhöhen. Beim Projekt „Sicherheitsbahnhof“ in Berlin werde eine intelligente Videoanalysetechnik erprobt. Die kann Menschen herausfiltern, die auf einer Liste von Verdächtigen gespeichert sind, sowie abgestellte Gegenstände, die längere Zeit nicht bewegt wurden, registrieren.

Notwendig sei auch, dass die Betreiber kritischer Infrastruktur ihren Schutz erhöhen. „Sie müssen sich umfassend gegen Gefahren wie Naturkatastrophen, Terrorismus, Sabotage, aber auch menschliches Verhalten, wappnen.“ Die Ausfälle am Bahnsystem habe gezeigt, dass stärkere Backup-Systeme notwendig seien. Da müssten die Betreiber massiv investieren, so die Ministerin. Die Koalition arbeite derzeit an einem neuen Gesetz. „Noch in diesem Jahr werde ich meine Eckpunkte fürs Bundesgesetz ins Kabinett einbringen.“ Private Sicherheitsleute sollen nach Ansicht der Ministerin aber nicht ins Boot geholt werden.