Döbeln beim CSD: Stadt in Bunt, aber auch Braun – was war da los?

Eine Demonstration für die Rechte sexueller Minderheiten war flankiert von menschenverachtender Hass-Propaganda. Kritik wurde geäußert an mangelnder Solidarität aus der gesellschaftlichen Mitte.

Der erste Christopher Street Day (CSD) in Döbeln ist größtenteils friedlich verlaufen, bis auf einen beleidigenden Übergriff in der Innenstadt auf drei junge Leute. Über den Tag hinweg waren Kundgebungen und Aufzüge verschiedener politischer Gruppierungen an mehreren Orten im Stadtgebiet angemeldet. Mehr als hundert Polizeibeamte sicherten diese im Stadtgebiet ab.

Rechtsextreme Gegendemo

Schon für den Vormittag war eine Kundgebung am Hauptbahnhof angekündigt. Rechtsextreme Kräfte um den NPD-Mann und Anmelder Stefan Trautmann hatten sich dort zusammengefunden, um gegen den Christopher-Street-Day zu demonstieren, angeblich, um die traditionelle Familie zu schützen.

Im Allgemeinen treten bei einem Christopher Street Day, der auch in anderen Städten Deutschlands und der Welt begangen wird, homosexuelle Menschen und Angehörige anderer sexueller Minderheiten gegen Polizeiwillkür auf. Zum anderen fordern sie ihre Rechte ein, ihr Leben führen zu können, ohne dafür stigmatisiert und diskrimieniert zu werden. Das war auch das Anliegen in Döbeln.

Obermarkt in Regenbogenfarben

Die Hauptveranstaltung des Tages, unterstützt vom Treibhaus-Verein in Döbeln sowie verschiedenen Institutionen und Vereinen, welche sich für die Rechte sexueller Minderheiten einsetzen, begann am Nachmittag auf dem Obermarkt – in Regenbogenfarben. Mit Wortbeiträgen, teils eingespielt vom Band, wurde auf Beispiele von Diskriminierung durch staatliche Institutionen hingewiesen, generell auf Ausgrenzung durch die aktuelle Rechtslage sowie auf Straftaten bis hin zu Todesfällen von Angehörigen sexueller Minderheiten. Das gipfelte in der per Mikrofon vorgetragenene Parole „…uns vereint der Bullenhass“.

Gesellschaftliche Mitte verweigert Unterstützung

Aus den Reihen der CSD-Demonstrierenden kam scharfe Kritik wegen der als mangelhaft empfundenen Unterstützung seitens der Stadt. So habe sich Oberbürgermeister Sven Liebhauser (CDU) geweigert, eine Flagge mit dem Regenbogen-Symbol am Rathaus zu hissen. Auch wollte er weder Strom für die Kundgebung noch Biertischgarnituren zur Verfügung stellen. Ein Sprecher krititsiert das mit den Worten „Danke für Nichts, Herr Liebhauser.“ Kritisch angemerkt wurde zudem, dass generell die Mitte der Gesellschaft beim Durchsetzen der Rechte sexueller Minderheiten keine Unterstützung leiste.

Stadt hält sich raus aus politischer Veranstaltung

Liebhauser sagt auf Anfrage dazu: „Es handelt sich eindeutig um eine Kundgebung mit politischem Inhalt. Das ist der Grund, warum sich die Stadtverwaltung da raushält.“ Als Vertreter der Polizeibehörde, welche er als Oberbürgermeister verkörpert, sei es ihm unbestritten wichtig, dass die Demonstrierenden in der Stadt für ihre Rechte eintreten dürfen und dabei unbehellig bleiben. Mehr als hundert Polizeibeamte sicherten die Kundgebungen ab. Liebhauser war am Nachmittag persönlich auf dem Obermarkt, um am Rande der Kundgebung dieser für eine gewisse Zeit zu folgen. Zeitweise bis zu zirka 400 Demonstrierende hatten sich dafür eingefunden.

Demo durch die Stadt

Auf dem Obermarkt liefen zeitweise zwei Kundgebungen gleichzeitig und in Hörweite: die vom CSD und die der Rechtsextremisten. Von dort war lautstark vorgetragene, menschenverachtende Hass-Propaganda zu vernehmen. Polizeibeamte bildeten zwischen den Gruppierungen eine Kette, grenzten beide Demostrations-Bereiche voneinander ab. Einer der bei den Nazis mithörenden Punks brachte ganz spontan eine der neutralsten Parolen des Tages zum Ausdruck: „Wir wollen leben wie wir wollen.“