Sechsfacher Gaspreis in Leipzig-Marienbrunn: Denkmalschutz rächt sich für Familie

So wie Familie Höhle in Leipzig-Marienbrunn geht es jetzt vielen Haushalten. Die Eltern von drei kleinen Kindern haben einen neuen Gastarif bekommen: Statt 187 sollen sie 1093 Euro im Monat bezahlen. Das Problem vieler Marienbrunner: Der Denkmalschutz macht eine bessere Dämmung der Häuser unmöglich.

Als Familie Höhle aus Leipzig vor ein paar Tagen Post von ihrem Gasversorger erhielt, schwante den Eltern von drei kleinen Kindern (1 bis 5 Jahre) schon nichts Gutes. Denn die Heizkosten in ihrem denkmalgeschützten Reihenendhaus in Marienbrunn liegen relativ hoch. Rund 30.000 Kilowattstunden (kWh) beträgt der Jahresverbrauch. Und das nicht etwa, weil Dörte und Albrecht Höhle sorglos mit Energie umgingen. Im Gegenteil: Nach dem Kauf des Hauses 2019 hatten sie sich aus Klimaschutzgründen extra für einen Ökogas-Anbieter mit Sitz in Dortmund entschieden.

6,5 Cent pro kWh bezahlten sie ursprünglich. Das entsprach einem monatlichen Abschlag von 187 Euro. Mit leichten Anpassungen und den neuen Umlagen der Bundesregierung (zur Gasbeschaffung und Speicherung bei den Versorgern) sollten es ab Oktober 10,4 Cent brutto sein, was einem Abschlag von 279 Euro im Monat entspricht. Doch in dem neuen Brief kündigte das Unternehmen aus Dortmund nun einen weiteren Anstieg per 1. November 2022 an. Dann würden pro kWh 42,7 Cent fällig und auch der Jahresgrundpreis (pro Zähler) von 194 auf 221 Euro erhöht.

Existenzbedrohender Abschlag von 1093 Euro monatlich

„Wir sollen einen existenzbedrohenden Abschlag von 1093 Euro monatlich zahlen“, berichtet Albrecht Höhle. „Das liegt auf dem Niveau unserer monatlichen Kreditrate.“ So sehr sich das Paar aus Leipzig – beide sind in der Werbebranche tätig – über den Glücksfall gefreut hatte, ein noch bezahlbares Reihenhaus im Süden der Stadt erwerben zu können – jetzt falle ihnen ein Problem auf die Füße, das viele Eigentümer in Marienbrunn betrifft, sagt er.

Nach dem Kauf hätten sie einen Energieberater beauftragt, für das Gebäude ein Konzept zu erstellen. Doch weil es wie die meisten Häuser in der 1920 bis 1931 entstandenen Gartenstadt als Kulturdenkmal eingestuft wurde, schieden bald etliche Optionen aus. „Wegen des Denkmalschutzes dürfen wir fast keine Aufdachdämmung umsetzen. Wir dürfen unsere Fassade nicht dämmen. Wir dürfen keine Photovoltaik aufs Dach bringen“, zählt der Vater auf.

Um die Kellerdecke zu dämmen, sei die Geschosshöhe zu niedrig gewesen. „Alle diese Faktoren zusammen hätten eine Luftwasserwärmepumpe völlig ineffizient gemacht. Uns blieb nichts anderes übrig, als auf Gas zu setzen. Aber selbst wenn wir die Heizung ganz minimal einstellen und den ganzen Winter in dicken Socken und Pullovern verbringen – dann sinkt der Jahresverbrauch vielleicht von 30. 000 auf 25 000 kWh, weil die Dämmung viel zu mager ist. Das rettet uns nicht.“

Gesetze passen nicht zu Klimaschutz und Heizkosten

Familie Höhle betont, dass sie den örtlich zuständigen Denkmalpflegern keinen Vorwurf machen möchte. Die seien sehr freundlich und kompetent aufgetreten. „Aber sie müssen eben die gültigen Gesetze und Vorschriften umsetzen.“ Offenbar seien diese Gesetze und Vorschriften aber nicht mehr passend in Zeiten der Klimaerwärmung und der emporschnellenden Energiekosten, warnt der Vater. „Wenn sich beim Gaspreis und beim Denkmalschutz nicht schnell etwas tut, werden Immobilien wie unsere die längste Zeit bewohnt gewesen sein.“Um ihr Haushaltsbudget nicht zu ruinieren, will die Familie nun den Öko-Gasvertrag kündigen und in die Grundversorgung der Leipziger Stadtwerke wechseln.

Dort werden ab 1. Oktober 2022 knapp 23,7 Cent brutto pro kWh fällig – was beim Durchschnittsverbrauch der Marienbrunner noch immer einen monatlichen Abschlag von 603 Euro bedeutet. „Klimaneutrales Öko-Gas werden wir uns vorerst wohl nicht mehr leisten können“, bedauert der 39-Jährige. Zwar haben die Stadtwerke auch da ein Angebot, das für Neukunden 36,7 Cent pro kWh kostet. Doch das würde für das Reihenendhaus mehr als 925 Euro im Monat entsprechen.