Sachsen will Polizeischulen in Chemnitz und Leipzig schließen

Ausgerechnet die beliebte Fachschule in Leipzig soll zuerst wegfallen. Das dürfte die angespannte Bewerberlage weiter verschärfen.

Sachsens Innenministerium will die Ausbildung der Polizisten im Freistaat künftig in Schneeberg konzentrieren. Dafür soll die Polizeifachschule Leipzig aufgegeben werden. Wie aus der „Freien Presse“ vorliegenden Dokumenten hervorgeht, ist die Schließung für Ende Juni 2024 geplant. Eine Schließung der Chemnitzer Polizeifachschule soll demnach ab Juni 2027 möglich sein. Hintergrund sind offenbar finanzielle Erwägungen, weil in Leipzig mehrere Millionen Euro investiert werden müssten.

Die Chefin der Deutschen Polizeigewerkschaft Sachsen (DPolG), Cathleen Martin, kritisiert die Pläne. Ausgerechnet Leipzig zuzumachen, nehme der Polizei viel Nachwuchspotenzial. „Wir haben dann keinen zentralen Standort in einer sächsischen Großstadt mehr, der auch verkehrsmäßig gut angeschlossen ist“, warnt Martin. Schon jetzt gelinge es nicht mehr, die vorhandenen 550 Stellen zu besetzen. Im September traten nur 445 Auszubildende ihren Dienst an, ein Drittel davon Frauen.

Angedeutet habe sich die Entscheidung schon, so Martin. Fast ein Dutzend der Leipziger Fachlehrer gehe in Pension, die Stellen würden nicht nachbesetzt. Jene Azubis, die nun in Leipzig angefangen haben, müssten einen Teil der Ausbildung später woanders absolvieren. Martin will mit der DPolG gegen die Schließung kämpfen. „Das ist die wichtigste Fachschule, die wir haben“, sagt Martin. „Das ist die Stadt der jungen Menschen in Sachsen und dort haben wir ein Einzugsgebiet bis nach Sachsen-Anhalt, um die besten Bewerber zu bekommen.“ Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) befürchtet bereits seit längerem, dass mit der Schließung Leipzigs die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Ausbildungsmarkt gegenüber anderen Behörden oder Unternehmen „scheinbar ohne Not preisgegeben wird“.

DPolG-Chefin Martin sagt, es gebe zwar künftig weniger Ausbildungsplätze. Aber dann sollte zuerst die Chemnitzer Schule-ein provisorischer Containerbau-geschlossen werden. Chemnitz sei nah an Schneeberg, wo die Polizei den modernsten Ausbildungsstandort unterhält. „Wir müssen aber regional breit aufgestellt und attraktiv sein.“

Kerstin Köditz, innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Landtag, sieht das ähnlich. „Ich werde um Leipzig kämpfen, weil ich möchte, dass sich junge Leute dort bewerben, die eine Großstadt schätzen.“ Jung, urbaner und womöglich auch weiblicher als jetzt ist ein Kalkül, das die Gewerkschaften auch beim Streit um einen neuen Standort der Polizeihochschule umtrieb, bis Innenminister Armin Schuster gegen einen Neuanfang nahe einer Großstadt und für den Verbleib an der polnischen Ostgrenze entschied.

Leipzig ist bei Polizeianwärtern der mit Abstand beliebteste Ausbildungsort, wie eine interne Auswertung zeigt. Von jüngst eingestellten Azubis haben sich 222 Leipzig gewünscht, obwohl es dort nur 100 Plätze gibt. Nach Chemnitz wollten 133 Bewerber (200 Plätze). Für die Fachschule Schneeberg-mit 250 Ausbildungsplätzen die größte Einrichtung-interessierten sich nur 100 Bewerber. 2021 sagte ein Fünftel angehender Polizei-Azubis wieder ab, 2020 schmiss ein knappes Drittel vor Ausbildungsbeginn hin. Fast die Hälfte sagte erst ab, nach dem der Schulort mitgeteilt wurde. In Leipzig soll künftig noch eine Abteilung bleiben: „Bewerbergewinnung und -auswahl“.