Landkreis Zwickau verhängt 700.000 Euro Corona-Bußgelder – Warum der Kreis nur schwer an das Geld gelangt
Das Zwickauer Landratsamt hat seit 2020 bis jetzt Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz mit fast einer Dreiviertelmillion Euro geahndet. Doch so leicht kommt die Bußgeldstelle nicht an ihr Geld. Immer öfter müssen die Amtsgerichte entscheiden.
Was auch heißt: Die Landratsämter müssen auf ihr Geld warten, länger als ihnen lieb ist. Da macht der Landkreis Zwickau keine Ausnahme. Das belegen die Zahlen ganz eindrucksvoll: Insgesamt hat die Behörde seit 2020 exakt 703.405 Euro an Buß- und Verwarngeldern wegen des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz angeordnet (Stand 1. August 2022). Eingegangen ist bisher aber nur gut die Hälfte. Einen Grund dafür nennt Landkreissprecherin Ilona Schilk. „15 Prozent der Betroffenen haben gegen die Bescheide Einspruch eingelegt“, sagte sie am Donnerstag der „Freien Presse“. Die meisten davon landeten bei der Staatsanwaltschaft und schließlich bei den beiden Amtsgerichten im Landkreis, in Zwickau und in Hohenstein-Ernstthal. Dann geht Zeit ins Land. Und manchmal geben die Richter dem Einspruch auch statt – und der Landkreis bekommt das Geld überhaupt nicht.
Zurück in den mit Plexiglasscheiben verhangenen Saal 2 des Amtsgerichtes in Zwickau. Vor Richterin Meyer sitzt ein 20-jähriger Mann, der am 15. Dezember des vergangenen Jahres an einer nicht genehmigten Versammlung in der Innenstadt teilgenommen haben soll. Die Höhe des Bußgeldbescheides beträgt 250 Euro. Für den Azubi eine Menge Geld. „Ja, ich war in der Innenstadt. Aber ich wollte nur Weihnachtsgeschenke einkaufen“, sagte er.
Doch der junge Zwickauer hielt sich wohl auffallend nah im Bereich der Kundgebung auf, sodass die Polizei seine Personalien aufnahm und ihm nicht glaubte, dass er nur zufällig am Ort des Geschehens war. Auch die Richterin kaufte dem jungen Mann seine Version nicht ab. Sie bot ihm aber an: „Sie haben nur ein geringes Einkommen. Ich schlage Ihnen vor, die Höhe des Bußgeldes auf 50 Euro zu reduzieren.“ Damit war der 20-Jährige einverstanden.
Komplizierter lag der zweite Fall an diesem Tag. Vor der Richterin saß wieder ein junger Mann aus Zwickau, der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Landratsamtes eingelegt hat. Auch er war am Abend des 15. Dezember in der Zwickauer Innenstadt. „Ich war mit meiner Freundin auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken“, sagte er. Richterin Meyer horchte auf und fragte nach, ob das wirklich so gewesen sei.
„Ich habe viele solcher Verfahren. Es ist schon seltsam, dass alle Weihnachtsgeschenke einkaufen wollten“, blieb sie kritisch. Polizisten sagten als Zeugen aus und bestätigten, dass die Personalien des jungen Mannes aufgenommen wurden, weil er sich in einer Gruppe befunden haben soll, die sich nach Aufforderung der Einsatzkräfte nicht auflösen wollte und damit die damals geltende Notverordnung nicht befolgte. Aber es blieben auch Zweifel. Die Lage war an jenem Tag unübersichtlich. Deshalb stellte Richterin Meyer das Verfahren ein.
So bekommt der Landkreis die in diesem Fall verhängten 250 Euro nicht. Auch an diesem Freitag gibt es am Amtsgericht wieder Verhandlungen wegen Verstößen gegen das sächsische Infektionsschutzgesetz. Von den bis 1. August 2022 verhängten Bußgeldern in Höhe von 703.405 Euro hat der Landkreis bis jetzt exakt 402.300 Euro bekommen.