Jugendliche demonstrieren am Kindertag für Bildungsgerechtigkeit und gegen Kapitalismus
Im vergangenen Jahr war die linksradikale Demonstration zum Kindertag am 1. Juni eine der ersten Versammlungen, die nach dem langen Teil-Lockdown wieder als Aufzug stattfinden durfte. Dieses Recht mussten sich die Veranstalter/-innen allerdings vor Gericht erstreiten. Dieses Jahr gab es seitens der Stadt zumindest in diesem Punkt keine Hindernisse. Allerdings verlief die Demonstration dennoch nicht ganz reibungslos.
Die Auftaktkundgebung von „Fight for Your Future“ fand diesmal an einem eher ungewöhnlichen Ort statt: dem Dorotheenplatz im Kolonnadenviertel. Insgesamt acht Redebeiträge positionierten sich gewohnt feministisch, antifaschistisch und antikapitalistisch. Einen besonderen Platz nahm dabei erneut die Situation von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein. Auch Sexismus in der linken Szene spielte eine wichtige Rolle.
Herkunft entscheidet
So verwies etwa die Gruppe „Jugend im Kampf“ auf mangelnde Bildungsgerechtigkeit in Deutschland. Die soziale Herkunft und das Einkommen der Eltern entschieden maßgeblich über die Bildungswege der Kinder. Frühkindliche Bildung und Nachhilfeunterricht beispielsweise könnten sich nicht alle gleichermaßen leisten. In einer Klassengesellschaft sei diese Benachteiligung aber sogar gewollt.
Die „Jugend gegen Rechts“ bemängelte den Leistungsdruck in der gesamten Gesellschaft. In der Schule zeige sich dieser beispielsweise im Notensystem. Nötig sei eine „180-Grad-Wende des gesamten Bildungssystems“, um „Individualität und Solidarität“ zu fördern.
Speziell an die männlichen Teilnehmer/-innen der Demonstration richtete sich der Redebeitrag der feministischen Antifa-Gruppe „Fantifa“. Diese betonte, dass ein paar Instagram-Slides und rot lackierte Fingernägel kein Ersatz für eine Auseinandersetzung mit feministischer Theorie seien.
Queerfeindlichkeit in der Schule
Andere Gruppen wie der „Feministische Streik“ und „Queer Liberation“ thematisieren die besonderen Probleme der Klimakrise für FLINTA-Personen, also Frauen, Lesben sowie intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen, und Queerfeindlichkeit an Orten wie der Schule. Dort würde sich beispielsweise die Sexualkunde auf klassische Mann-Frau-Penetration beschränken; über Analsex oder Lecktücher erfahre man hingegen nichts.
Nach einer knappen Stunde startete der Aufzug Richtung Innenstadtring. Der Start verzögerte sich etwas, weil die Polizei ausführlich mögliche Vermummungen prüfte. Masken und Basecaps wurden akzeptiert, andere Utensilien nicht.
Als sich die Demonstration mit einigen hundert Teilnehmer/-innen auf der Windmühlenstraße befand, ging die Polizei erneut dazwischen. Diesmal waren Pyrotechnik und angebliche Vermummung der Anlass. Nach einigen Minuten und diversen Durchsagen von Polizei und Versammlungsleitung durfte die Demonstration weiterlaufen.
Polizei filmt, Demo antwortet
Auf dem weiteren Weg bis zum Herderpark in Connewitz blieb die Stimmung angespannt. Die Polizei filmte mehrmals den Aufzug, einige Teilnehmer/-innen wiederum riefen dazu auf, Nazis und Polizist/-innen mit „Hammer, Sichel und Gewehr“ zu bekämpfen. Thematisch drehten sich die Parolen auch um Gentrifizierung und Antikapitalismus.
Auf der Karl-Liebknecht-Straße gab es seitens der Versammlungsleitung einmal eine Durchsage, bestimmte Parolen nicht zu rufen. Offenbar hatten die kritisierten Parolen einen Bezug zum israelisch-palästinensischen Konflikt. In Connewitz wurden die Teilnehmenden schließlich mit Pyrotechnik auf einem Dach begrüßt. Nach etwa zweieinhalb Stunden endete die Demonstration.