Leipziger Fahrrad-Affäre: Anklage gegen Polizistin
Vor drei Jahren sorgte „Fahrradgate“ für politischen Wirbel in Sachsen. Der Verkauf gestohlener Fahrräder an Polizisten wird jetzt ein Fall für das Gericht.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat gegen die frühere Leiterin der Asservatenstelle der Leipziger Polizei Anklage wegen Bestechlichkeit, Diebstahls und Urkundenfälschung erhoben. Die Beamtin soll von August 2014 bis November 2018 insgesamt mindestens 265 gestohlene Fahrräder unter anderem an Polizisten verkauft haben. Das teilte die Sprecherin der Behörde, Sabine Wylegalla, am Donnerstag auf SZ-Anfrage mit.
Die Weitergabe soll sie in den Unterlagen der Polizei wahrheitswidrig als Überlassung an gemeinnützige Vereine dokumentiert haben. In den meisten Fällen hat sie nach Erkenntnissen der Ermittler eine „Spende“ erhalten oder verlangt, die in der Regel 50 Euro betragen habe. Die Einnahmen beliefen sich demnach auf 4.795 Euro.
Ursprünglich ermittelte die Generalstaatsanwaltschaft gegen fünf Beschuldigte. Gegen drei von ihnen wurde das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die Ermittlungen gegen einen weiteren Beamten aus der Asservatenstelle dauern an. 52 Fahrräder seien bisher zurückgeholt worden, sagte Wylegalla.
Mangelhafte Aufsicht
Nach Bekanntwerden der illegalen Verkäufe von Diebesgut im Jahr 2019 hatte Innenminister Roland Wöller (CDU) einen Sonderermittler eingesetzt. Dieser hatte in seinem Abschlussbericht festgestellt, dass die Affäre durch organisatorische Umstände und mangelhafte Aufsicht der Vorgesetzten bei der Leipziger Polizei begünstigt worden sei. Anhaltspunkte auf „strukturelle Korruption“ habe er nicht gefunden, hieß es im Bericht. Die gestohlenen Räder waren von der Polizei sichergestellt worden, die Versicherungen hatten den Schaden in vielen Fällen behoben.
Polizei und Staatsanwaltschaft in Leipzig hatten bereits ein Jahr lang mit wenig Erfolg versucht, das innerpolizeiliche Geschäftsmodell aufzuklären. Als die Vorgänge dann öffentlich bekannt wurden, entwickelte sich „Fahrradgate“ zu einer landespolitischen Affäre. Innenminister Wöller wurde von Abgeordneten der Regierungskoalition vorgehalten, er habe den Vorgang vertuschen wollen.
Wöller selbst verwies darauf, dass das Ministerium selbst über die laufenden Untersuchungen zu spät informiert worden sei. Wegen der großen öffentlichen Aufmerksamkeit übernahm die Generalstaatsanwaltschaft Dresden die Ermittlungen gegen die Beamten. Wann der Prozess vor dem Landgericht Leipzig gegen die Beamtin beginnt, ist offen.