Verdacht Rechtsextremismus: Erneut Ermittlungen gegen sächsische Polizisten

Rassistische Entgleisungen in sozialen Netzwerken, Kontakte zur rechtsextremen Szene und das Zeigen des Hitlergrußes in der Öffentlichkeit: Im vergangenen Jahr wurde gegen 15 Polizistinnen und Polizisten aus Sachsen Ermittlungen eingeleitet.

In Sachsen wurden im vergangenen Jahr wieder mehrfach interne Ermittlungen gegen Polizistinnen und Polizisten wegen extremistischen Gedankenguts eingeleitet. Laut Bericht aus dem Innenministerium ging es bei den Vorwürfen gegen 15 Beschuldigte in der Mehrheit um rechtsextreme Entgleisungen. Eine Person sei darüber hinaus zur sogenannten Reichsbürgerszene gezählt worden und in zwei Fällen lautete der Vorwurf demnach „Delegitimierung des Staates“.

Seit 2017 lässt Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) entsprechende Hinweise und bereits zuvor eingeleitete Disziplinarverfahren noch einmal genauer untersuchen. Die Recherchen werden von der Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung (KostEx) in Dresden geführt und halbjährlich ausgewertet. Zusammen mit den Vorwürfen gegen die aktuellen Beschuldigten aus dem Jahr 2021 stieg die Zahl der bisher wegen extremistischer Verfehlungen eingeleiteten Verfahren auf insgesamt 55. Dabei wurde zuletzt der bisherige Jahreshöchststand erneut erreicht.

Laut Bericht hätten die Beschuldigten zuletzt unter anderem rassistische Beiträge in sozialen Netzwerken gepostet, seien durch entsprechende Äußerungen außerhalb der Dienstzeit oder aufgrund „fehlender Distanz zu Personen, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind“, aufgefallen. Zum Teil hätten die Kolleginnen und Kollegen auch privat an entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen. Auch das Zeigen des Hitlergrußes in der Öffentlichkeit durch Polizeibedienstete gehöre zu den aktuellen Vorwürfen im Rahmen der internen Ermittlungen.

Verbindungen zu rechtsextremen Szene – aber kein Netzwerk

Die Zahl der seit 2017 dokumentierten rassistischer Äußerungen durch sächsische Polizistinnen und Polizisten stieg laut Bericht auf nunmehr 29 Fälle. Bei zehn Beschuldigten konnten Verbindungen zur rechtsextremen Szene nachgewiesen werden, heißt es. Hinweise auf ein rechtsextremes Netzwerk innerhalb der sächsischen Behörden, so wie es beispielsweise in anderen Bundesländern aufgedeckt wurde, gebe es bislang aber weiterhin nicht, heißt es aus Dresden.

Noch sind allerdings nicht alle Vorfälle aufgeklärt und Konsequenzen beschlossen. Nur 28 der insgesamt 59 seit 2017 aufgenommen Prüfverfahren seien bislang abgeschlossen wurden. In 22 der Verdachtsfälle habe es in der Folge disziplinar- oder arbeitsrechtliche Schritte gegen die beschuldigten Beamtinnen und Beamten gegeben. In sechs Fällen konnte der Vorwurf nicht nachgewiesen werden oder wurde das Verfahren eingestellt.

Wöller: 99 Prozent sind pflichtbewusst

Innenminister Roland Wöller betonte, jeder einzelne Sachverhalt sei einer zu viel, „weil er das Vertrauen in Sicherheitsbehörden untergraben kann“. Extremismus habe in der sächsischen Polizei und im öffentlichen Dienst insgesamt nichts zu suchen. Der Bericht zeige aber auch, „dass die überwältigende Mehrheit von über 99 Prozent unserer Bediensteten pflichtbewusste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Daher ist ein Generalverdacht fehl am Platz“, so Wöller.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Vorwürfe gegen sächsische Polizeibeamte wegen mutmaßlich extremistischer Verfehlungen. So sorgte ein an der Dienstkleidung getragener Aufnäher mit dem „Raben Odin“ oder der Gebrauch eines Namens aus dem Umfeld der NSU-Terroristen als polizeiliche Dienstbezeichnung für Aufsehen. Zudem waren Mitglieder einer Dresdner Polizei-Spezialeinheit im November 2018 zu einem privaten Training auf einem Schießplatz in Mecklenburg-Vorpommern, der von einem zeitweisen Mitglied der rechtsextremen Terrorgruppe „Nordkreuz“ betrieben wird. Die sächsischen Polizisten „bezahlten“ ihre Training mit Spezialmunition – welche dann später auch in einem Waffendepot des „Nordkreuz“ entdeckt wurde.