Leipziger Forscher: Rechte Szene im Ukraine-Konflikt gespalten
Pro Ukraine oder pro Russland? Die rechte Szene in Deutschland ist angesichts des aktuellen Kriegs verunsichert, meint ein Leipziger Forscher.
Dresden
Die rechte Szene in Deutschland ist aus Sicht des Leipziger Rechtsextremismus-Forschers Johannes Kiess gespalten. Bei einigen Gruppen sei ein klares Bekenntnis zur Ukraine zu beobachten, sagte der Wissenschaftler am Else-Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung. „Zugespitzt sehen sie im massiven ukrainischen Widerstand die Verteidigung des Abendlandes vor den russischen Barbaren.“
Ein bekannter Neonazi aus Görlitz etwa versuche, Kämpfer für die Ukraine zu rekrutieren. „Sie sollen sich dem rechtsextremistischen Asow-Regiment anschließen.“ Ein größerer Teil der Szene, darunter auch die rechtsextreme Splitterpartei Freie Sachsen, positioniere sich dagegen klar pro-russisch.
„Die Freien Sachsen verhehlen überhaupt nicht, dass sie sich einen starken Mann wünschen, der die Ukraine und später auch Sachsen „befreien“ soll“, sagte Kiess. Für sie sei die Ukraine ein „Vasallen-Staat“ des Westens und der ukrainische Präsident Teil der globalen Elite, die es zu bekämpfen gelte. „Zwischen den Gruppen sind teils sehr heftige Diskussionen zu beobachten.“
„Rechte bauen neue Narrative auf“
Für die Freien Sachsen, die bei den Corona-Protesten in den vergangenen Wochen eine hohe Mobilisierung erreicht hätten, sei der Konflikt auch ein Dilemma. „Sie merken selbst, dass aktuell aus ihrer Sicht die Gefahr besteht, dass sich der Mobilisierungsgrad verschlechtern könnte, und appellieren an ihre Anhänger, sich vom Ukraine-Krieg nicht ablenken zu lassen“, sagte Kiess.
Die Partei bilde zurzeit das Narrativ, dass sie für den Frieden sei, ob bei Corona oder in der Ukraine. Generell sei die Gruppe zurzeit jedoch verunsichert und auf der Suche nach einer neuen Linie. „Im Grunde genommen kann man gerade in Echtzeit dabei zusehen, wie die Rechten neue Narrative aufbauen.“
Von RND/dpa