Berufungsverfahren am Landgericht Kolleginnen sexuell bedrängt? Prozess gegen Marktleiter in Leipzig droht zu platzen
 
          Der Leiter einer Supermarkt-Filiale in Markkleeberg soll Angestellte belästigt haben. Nach einem Freispruch in erster Instanz geht es nun am Landgericht weiter. Doch das Verfahren muss wohl ausgesetzt werden.
Hat der frühere Leiter einer Supermarkt-Filiale in Markkleeberg zwei Mitarbeiterinnen sexuell belästigt? Diese Frage wollte das Landgericht seit Anfang dieses Monats klären. Doch nach juristischen Auseinandersetzungen am ersten Verhandlungstag droht der Prozess nach Angaben des Gerichts nun zu platzen.
Die angeklagten Taten, um die es in dem Verfahren geht, liegen schon mehr als vier Jahre zurück. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft soll Norman K. (Name geändert) sich am 16. April 2021 vor einer Kollegin entblößt und ihr eröffnet haben, dass er mit ihr schlafen wolle. Im Herbst desselben Jahres, wahrscheinlich im September oder Oktober, soll er einer anderen Mitarbeiterin gesagt haben, er sei verrückt nach ihr. Der Anklage zufolge habe er die Frau gepackt, an eine Wand gedrückt und sich an ihrem Rücken gerieben.
Amtsgericht: Aussage gegen Aussage
Allerdings ließen sich die Geschehnisse schon in erster Instanz nicht zweifelsfrei aufklären. Das Amtsgericht ging von einer klassischen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation aus. Man habe keine sicheren Feststellungen treffen können, die eine Verurteilung von Norman K. gerechtfertigt hätten, hieß es. Daher wurde der Angeklagte von den Vorwürfen der exhibitionistischen Handlung und des sexuellen Übergriffs mit Gewalt freigesprochen. Weil die Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil Berufung einlegte, landete der Fall nun am Landgericht. Die beiden mutmaßlich bedrängten Frauen sind im Prozess Nebenklägerinnen.
Doch obwohl die 17. Strafkammer seit 6. Oktober insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt hatte, ist bisher noch nicht einmal die Anklage verlesen worden. Verteidiger Curt-Matthias Engel beantragte, die Öffentlichkeit für den gesamten Prozess auszuschließen. Die Kammer lehnte dies ab, worauf der Rechtsanwalt einen Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin Tanja Lötschert und die beiden Schöffinnen stellte. Später folgte, wie berichtet, noch ein Ablehnungsantrag. Das Gericht mache sich zum Teil der öffentlichen Bloßstellung des Angeklagten und seiner Familie, monierte Engel.
Befangenheitsanträge sorgen für Terminschwierigkeiten
Weil über die Befangenheits- und Ablehnungsgesuche bis Ende dieser Woche noch nicht entschieden wurde, gerät das Gericht jetzt unter Termindruck. Denn eine Hauptverhandlung darf gemäß der Strafprozessordnung nur bis zu drei Wochen unterbrochen werden. Zunächst wurden alle drei geplanten Fortsetzungstermine in dieser Woche abgesetzt, teilte das Gericht auf Anfrage mit.
Die zahlreichen geladenen Zeugen – allein fünf sollten beim ersten Sitzungstermin aussagen – wurden somit noch nicht vernommen.
Ob der Prozess in den nächsten Tagen noch fortgesetzt werden kann, gilt als fraglich. Müsste das Verfahren ganz von vorn beginnen, dann voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr.
 
  