Neonazi-Stelldichein bei Fightnight in Räumlichkeiten von ehemaligem Leipziger CDU-Stadtrat

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Am 02.10.2025 fand die „Sin City Fight Night“ des rechten Leipziger „Sin City Boxgym“ statt. Ausgetragen wurde das Event in einer Lagerhalle (angekündigt als „Eventhalle“) des Rothkegel Baufachhandels im Leipziger Norden (Salzstraße 11, 04158 Leipzig). Bereits im Vorfeld diente die Firma als Vorverkaufsstelle für Tickets und trat als zentraler Sponsor der Fight Night auf. Pikant ist, wem der Familienbetrieb Rothkegel gehört, der über acht Niederlassungen in Ostdeutschland verfügt: dem langjährigen Leipziger CDU-Politiker Claus-Uwe Rothkegel, der bis 2024 für die Partei im Stadtrat saß.

In den Räumlichkeiten und unter Anwesenheit des Leipziger CDU-Manns gab sich am 02.10.2025 nun bundesweite Neonazi-Prominenz ein Stelldichein. Der Unternehmer selbst ließ sich gemeinsam mit dem jetzigen Geschäftsführer, Richard Rothkegel, während der Veranstaltung im Ring feiern. Zusammen mit den Head-Coaches des „Sin City Boxgym“, Maik Kurzweil und Christian Dulz, posierten die Unternehmer für Fotos, die später in den sozialen Netzwerken landeten.

Die Bekannschaft zu Kurzweil ist keineswegs neu. Bereits in der Vergangenheit trat die Firma Rothkegel als Sponsor des rechten Kampfsport-Gyms auf. Auch eine weitere Person aus dem Leipziger Stadtleben, die Schlagersängerin Melanie Müller, steht dem Gym nah, u.a. weil sie dort für ihren Kampf beim „Promiboxen“ vorbereitet wurde. Müller, deren Hitlergrüße während eines Privatkonzerts beim „Rowdys MC Eastside“ (MC = Motorcycle Club) im September 2022 mediale Aufmerksamkeit und eine Verurteilung nach sich zog, bewarb die jetzige „Sin City Fight Night“ mehrfach und war sogar Sponsorin einer Kämpferin.

Neben der rechtsoffenen Schlagersängerin rührten im Vorfeld auch Personen aus der organisierten Neonazi-Szene, teils mit Verbindungen in den Rechtsterrorismus, die Werbetrommel für die Veranstaltung in der Halle von CDU-Mitglied Rothkegel. Etwa Thomas Gerlach, langjähriges Mitglied der in Deutschland verbotenen neonazistischen Bruderschaft „Hammerskins Sachsen“, der zu der Veranstaltung einlud und sich privat in Shirts des „Sin City Boxgym“ präsentiert. Erst im Mai 2025 war er auf einer anderen Fightnight, der „1. Erzgebirger Fight Night“ in Stollberg, zu Gast, wo er seine Anbindung an die extrem rechte „Barbaria Sportgemeinschaft“ durch das Tragen eines Pullovers zum Ausdruck brachte. Auch Florian Jass, der ebenfalls der international agierenden „Hammerskin Nation“ angehört, bewarb frühzeitig die Fightnight und teilte seinen Followern kürzlich auf Instagram mit, dass die Veranstaltung nun ausverkauft sei. Es machte den Anschein, dass der im Raum Halle wohnhafte Jass und sein Tattoostudio „Skin Art Society“ in die Organisation oder ins Sponsoring des Events eingebunden war.
Auf der Veranstaltung selbst traten zahlreiche Personen aus der organisierten Neonaziszene in Erscheinung. Neben Dominik Raupach und Kai Naggert, die als extrem rechte Rapper „Kavalier“ und „Prototyp“ unter dem Label „Neuer Deutscher Standard“ auftreten, muss vor allem auf die Anwesenheit von Alexander Deptolla eingangen werden. Der aus Dortmund stammende und mittlerweile in Halberstadt lebende Neonazi ist einer der Hauptorganisatoren des extrem rechten Kampfsportformats „Kampf der Nibelungen“. Das seit 2013 bestehende Format ist federführend an der Ausprägung der internationalen Neonazi-Kampfsportszene beteiligt. Deptolla selbst pflegt europaweit Kontakte und wird in Deutschland von den Behörden als sogenannter „Gefährder“ eingestuft. Mit ihm reiste u.a. Erik Köhler zur Fightnight in Leipzig an, der im Harz bei den „Jungen Nationalisten“ aktiv ist, gemeinsam mit Deptolla überregional Aufmärsche besucht und auf Seiten der Neonazis als hoffnungsvoller junger Kader gilt.

Mit einem Pullover des „Kampf der Nibelungen“ war bei der Fightnight auch eines der Teammitglieder eines Kämpfers bekleidet, offenbar ohne Widerspruch. Der Kämpfer selbst trug hingegen ein Shirt mit der Aufschrift „Support your local Hooligans“. Bislang bekannt ist darüber hinaus die Teilnahme von mindestens einem weiteren einschlägig bekannten Neonazi-Kampfsportler: Kevin Kohl aus Bad Wildungen. Kohl nahm an verschiedenen Veranstaltungen der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ teil und war 2022 Teilnehmer eines der größten Szene-Treffen Europas, dem sogenannten „Tag der Ehre“ in Budapest. Als Headcoach des „Fightclub 21“ bereitete Kohl zudem mehrfach Neonazis für Kämpfe im Ring vor, u.a. Norik Eilert für dessen Kampf beim neonazistischen „Day of Glory“ im Sommer 2024 in Frankreich. In Nordhessen sind Eilert und Kohl darum bemüht, einen Stützpunkt für „Der III. Weg“ zu etablieren.

Bekannt wurde die Teilnahme von Kohl an der „Sin City Fight Night“ durch ein Bild in den sozialen Netzwerken, ein Selfie von ihm mit Philipp Neumann. „Sauberer KO, Kamerad!“ kommentierte Neumann das Posting. Neumann ist Mitglied der „Hammerskin Nation“ und gehörte zuletzt dem rheinländischen Ableger dieser rassistischen Bruderschaft an. Bekannt ist er aber auch als rechter Liedermacher „Phil von Flak“ und als Musiker u.a. der RechtsRock-Bands „Flak“ und „Stahlgewitter“. Neumann, der aktuell im Landkreis Stendal wohnt und mit den bereits oben genannten Personen in Halberstadt auf Aufmärschen anzutreffen ist, wurde erst im November 2024 zum stellvertretenden Vorsitzenden der Neonazi-Partei „Die Heimat“ (ehemals NPD) gewählt. Einen Tag nach der „Sin City Fight Night“ trat er als Vertreter der Partei beim „Tag der deutschen Freiheit“ in Altenburg auf, eine Kundgebung, die u.a. von „Die Heimat“ und von den „Freien Sachsen“ organisiert wurde. Zum „Sin City Boxgym“ unterhält er selbst gute Beziehungen. So posiert Neumann auf Instagram in T-Shirts des Gyms und ist auch persönlich mit einem der Coaches bekannt: dem eingangs erwähnten Maik Kurzweil. Beide wirkten schon im Januar 2025 miteinander vertraut, als in Gera ein „Bürgerbüro“ von „Die Heimat“ eröffnet wurde.

In der Danksagung an die Familie Rothkegel im Nachgang der Fightnight beschwört das „Sin City Boxgym“ die gute Zusammenarbeit. Hervorgehoben wird, dass die Familie „in allen Situationen“ an der Seite des Gyms stehe. Damit sind die Rothkegels Unterstützer eines Netzwerkes, dass sich zwischen organisierter Neonazi-Szene und organisierter Kriminalität bewegt. Schon die Locations, in denen das Gym im Laufe der Jahre Unterschlupf fand, sprechen Bände. Zur Zeit der Corona-Pandemie befand sich das Gym in der Kamenzer Straße – dort wo auch das rechte „Imperium Fight Team“ um Benjamin Brinsa mehrere Jahre beheimatet war. Als das Ordnungsamt Wind davon bekam, dass in Zeiten der Pandemie offenbar reguläre Trainingseinheiten des „Sin City Boxgyms“ in der Kamenzer Straße stattfanden, kam es im April 2021 zu einer Kontrolle in den Räumen. Dabei wurde u.a. eine Hakenkreuz-Flagge an der Wand festgestellt. Ebenfalls zu dieser Zeit tauchten außerdem Bilder von Kurzweil und Mirko Hesse, Gründer der „Hammerskins Sachsen“, im Netz auf, mit denen Kurzweil auf die 25-Jährige Freundschaft der beiden aufmerksam machte.
2019, als die „Sin City Boxnacht“ im Leipziger „Event Palast“ ausgetragen wurde, war Rothkegel bereits ein Sponsor, auf den das Boxgym besonders aufmerksam machte. Auf dem Plakat zur Veranstaltung fand man aber auch Sponsoren aus dem Rotlicht-Milieu Leipzigs, etwa die „Metropolis Tabledance Lounge“, die „Angels Tabledance Nachtbar“ oder den „FKK Saunaclub“. Dabei handelt es sich um Orte, mit denen der „Hells Angels MC“ verbunden ist. So verwundert es auch nicht, dass das „Sin City Boxgym“ ab 2022 für kurze Zeit in der Dessauer Straße unterkam, wo der „Hells Angels MC Leipzig“ bis 2016 sein Clubhaus unterhielt und bis heute Mitglieder des MCs in den dort ansässigen Clubs mitmischen. Gegenwärtig ist das Boxgym in der parallel zur Dessauer Straße gelegenen Bitterfelder Straße beheimatet und konnte dort offenbar eine längerfristige Nutzung von Räumlichkeiten im Gewerbekomplex „Lindenhof-Center“ arrangieren.

Events wie die vergangene „Sin City Fight Night“, die laut Bildern hunderte Personen anzog, sind untragbar. Mit den Verbindungen, die das Boxgym seit Jahren unterhält, war zu erwarten, wer dort auftaucht und wem dort eine Bühne geboten wird. Nämlich Personen wie Alexander Deptolla mitsamt seinem „Kampf der Nibelungen“-Netzwerk und Kämpfern wie Kevin Kohl, die auf anderen, nicht-rechten Kampfsportveranstaltungen nicht öffentlich auftreten können. Die „Sin City Fight Night“ diente als Treffpunkt und Vernetzungsort der organisierten Neonaziszene. Im vorliegenden Fall wurden dieser Rahmen unter tatkräftiger Mithilfe eines ehemaligen CDU-Stadtrats geschaffen.