AfD verbündet sich im Stadtrat mit Neonazipartei „Freie Sachsen“

Seit einem Jahr sitzt Jürgen Günter Butz für die Neonazipartei „Freie Sachsen“ im Leipziger Stadtrat. Bislang fraktionslos, doch das ändert sich jetzt: Butz schließt sich der AfD-Fraktion an. Während die „Freien Sachsen“ auf mehr Einfluss hoffen, stellen sich für CDU und BSW möglicherweise neue Fragen – beide haben zuletzt regelmäßig für AfD-Anträge gestimmt.
Butz war bei der Kommunalwahl im Juni 2024 im Wahlkreis Nord angetreten und hatte dort 908 Stimmen geholt. Das waren die zweitmeisten Stimmen aller Kandidat*innen der „Freien Sachsen“. Das komplizierte Wahlsystem sorgte dafür, dass Butz als einziger „Freier Sachse“ in den Stadtrat kam, obwohl er nur auf dem zweiten Platz gelandet war.
Dort ist Butz seitdem als Fraktionsloser anwesend. Viel mehr lässt sich über ihn kaum sagen; in der Redaktion der „Leipziger Zeitung“ kann sich niemand an einen einzigen Redebeitrag von ihm erinnern.
AfD wird zweitgrößte Fraktion
Dass sich die AfD inhaltliche Impulse von ihm erhofft, darf also bezweifelt werden. Worum es hauptsächlich gehen dürfte, wird in einer Jubelmeldung der „Freien Sachsen“ deutlich: „Die Fraktion überholt mit nun mehr 13 Mitgliedern die Linkspartei und wird dadurch die Ausschussverteilung in der einwohnerstärksten sächsischen Stadt ordentlich durcheinander wirbeln.“
Aber selbst das ist unwahrscheinlich. Bei einer kurzen Stichprobe hat sich gezeigt, dass CDU (14 Sitze im Stadtrat), Linke (12) und AfD (bislang 12) gleich viele Mitglieder in den Ausschüssen haben. Wenn die AfD-Fraktion jetzt von zwölf auf 13 Stadträt*innen wächst, dürfte das an der Ausschussverteilung nicht viel ändern.
Was sich hingegen ändert: Die AfD verbündet sich offiziell mit einem Stadtrat jener Partei, die der sächsische Verfassungsschutz als „Gruppierung von Neonationalsozialisten, ‚Die Heimat‘-Funktionären und weiteren Szeneangehörigen oder -sympathisanten“ beschreibt.
Radikale Querdenker
Die „Freien Sachsen“ gibt es erst seit vier Jahren. Vor allem in den sozialen Medien schlossen sich schnell mehrere zehntausend Menschen ihrem „Widerstand“ gegen die Corona-Politik an. Dabei vertraten die „Freien Sachsen“ Positionen aus der „Querdenken“-Bewegung, aber häufig noch radikaler. Später entdeckten die Neonazis das Thema Asylpolitik für sich und riefen beispielsweise zu Protesten gegen Unterkünfte auf.
Möglicherweise müssen CDU und BSW ihre Strategie im Umgang mit der AfD überdenken. In den vergangenen Monaten durften sich die Rechtsradikalen regelmäßig über Stimmen aus den beiden anderen Fraktionen freuen. Künftig wären das nicht nur Stimmen für die AfD, sondern auch für den Vertreter einer Neonazipartei.