Anderthalb Jahre nach Gründung im Bund: BSW baut Stadtverband Leipzig auf

Die wenigen Mitglieder im lokalen Bündnis Sahra Wagenknecht geben sich am 30. August eine Satzung, wählen einen Vorstand – und wollen dann verstärkt in die Gespräche mit Interessenten einsteigen.

Der Auftakt war eine einzige Erfolgsgeschichte: Schon wenige Monate nach seiner Gründung als Partei im Januar 2024 saß das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit insgesamt rund 45 Volksvertretern in den Landesparlamenten von Sachsen, Thüringen und Brandenburg sowie mit sechs Abgeordneten im Europaparlament. Was das BSW und seine 16 Landesverbände seinerzeit kaum hatten und bis heute nicht haben, sind viele Mitglieder. Das war zunächst auch der Plan, soll sich nun aber ändern.

Gerade erst hat das Bündnis um die Ex-Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht angekündigt, sich deutschlandweit an die Gründung lokaler Parteiorganisationen zu machen. Auch in Leipzig soll ein Stadtverband gegründet werden – und zwar am 30. August. Das teilte Eric Recke, Vorsitzender der BSW-Stadtratsfraktion auf LVZ-Anfrage mit.

Die Mitgliederzahlen sollen überall schnell wachsen

Laut Recke und Helga Lemme – beide sind Mitbegründer des BSW in Leipzig – geben sich die gegenwärtig 20 Mitglieder in der Messestadt in etwas mehr als einem Monat eine Satzung und wählen dann einen Vorstand. Zugleich wollen sie den Landesparteitag am 13. September in Bautzen vorbereiten, der wieder als Mitgliederversammlung durchgeführt wird.

Wurde die Zahl der Parteiangehörigen bei der BSW-Gründung im Bund bewusst auf 450 begrenzt, um „kontrolliert und langsam zu wachsen“, wie es Parteichefin Wagenknecht seinerzeit formulierte, wird nun, anderthalb Jahre später, Tempo gemacht. Bis Dezember soll die Mitgliederzahl von aktuell rund 3000 auf mindestens 10.000 gewachsen sein.
250 Mitgliedsanträge liegen dem Leipziger BSW vor

„Auch wir in Leipzig werden nun verstärkt in die Gespräche mit Interessenten gehen, die über die Webseite des BSW einen Mitgliedsantrag gestellt haben“, kündigte Fraktionschef Recke an. Laut seiner Parteifreundin Lemme, Regionalkoordinatorin für Leipzig, beläuft sich diese Zahl gegenwärtig auf rund 250. „Hinzu kommen noch 500 Unterstützer, die sich für unsere Ziele einsetzen, die aber keinen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt haben“, sagte die promovierte Kinder- und Jugendmedizinerin.

Bei den Gesprächen mit den potenziellen Mitstreitern gehe es nicht um einen „Eignungstest oder gar Gesinnungscheck“, wie in den (sozialen) Medien gern unterstellt werde, betonte Recke. „Wir wollen halt sehen, ob wir politisch zueinander passen. Und natürlich wollen wir ausschließen, dass wir von Leuten unterwandert werden, die uns schaden wollen.“
Der Altersdurchschnitt in Leipzig beträgt 50 Jahre

Der Altersdurchschnitt der aktuell 20 Leipziger BSW-Mitglieder liegt nach Angaben von Lemme bei 50 Jahren. Sie selber gehört mit 80 Lenzen zu den Ältesten im Kernteam. Die Mitglieder im Bund sind im Schnitt 54 Jahre alt – nur jedes fünfte Mitglied ist jünger als 40. Zur letztgenannten Gruppe gehört mit seinen 38 Jahren auch BSW-Stadtrat Recke, der als parlamentarisch-wissenschaftlicher Berater der sächsischen Landtagsfraktion tätig ist.

Zuletzt hatte es Irritationen unter Sympathisanten gegeben, die schon bald nach Parteigründung einen Mitgliedsantrag gestellt und dabei ihre E-Mail-Adresse hinterlassen hatten. „Ich habe jetzt monatelang auf eine Einladung zum Gespräch gewartet, aber außer ein paar Mails mit Hinweisen zu Parteiveranstaltungen ist nichts gekommen“, schrieb eine LVZ-Leserin. Inzwischen habe sie ihren ursprünglichen Plan, sich dem Bündnis anzuschließen, wieder verworfen. „Vielleicht wollen die keine alten Leute“, vermutete die 82-Jährige.

Die Linke bringt es in Leipzig auf 4900 Mitglieder

Das dementierte Ratsfraktionsvorsitzender Recke entschieden. „Auch wenn wir gerade einen Jugendverband im Bund gegründet haben, herrscht bei uns kein Jugendwahn. Wer sich mit unseren Zielen identifiziert, ist willkommen. Wir betreiben keine Altersdiskriminierung.“ Hätte die Leserin an einer der BSW-Veranstaltungen teilgenommen, „wäre sie jetzt vielleicht schon dabei“.

Zu den Parteien mit den meisten Mitgliedern wird das Bündnis Sahra Wagenknecht in Leipzig zunächst sicher nicht gehören. Die Linken, von denen sich das BSW abgespaltet hatte, weisen in der Messestadt gegenwärtig rund 4900 Genossinnen und Genossen auf, die Grünen zählen 2000 Parteifreundinnen und -freunde, die SPD rund 1500. Die FDP steht bei etwas mehr als 300 Mitgliedern. CDU und AfD machten am Dienstag keine Angaben zu Mitgliederzahlen.