Urteil in Leipzig: AfD-Politiker Maier darf Richter-Pension behalten

Mit öffentlichen Äußerungen und einem Facebook-Post soll der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier seine Dienstpflichten als Richter verletzt haben. Der Freistaat Sachsen wollte ihm deshalb auch sein Ruhegehalt aberkennen. Nach fast achtstündiger Verhandlung gab es am Donnerstag eine Entscheidung vor Gericht.

Nach fast achtstündiger Verhandlung stand am Donnerstagabend fest: Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier (62) darf seine Bezüge als Richter behalten. Die Disziplinarklage des Freistaates Sachsen, um Maier das Ruhegehalt abzuerkennen, sei unbegründet, sagte die Vorsitzende Richterin Yvonne Wagner. Die Voraussetzungen für Disziplinarmaßnahmen seien nicht erfüllt. In der Beweisaufnahme hätten sich die Vorwürfe gegen den Juristen „in erheblichen Teilen nicht bestätigt“

Bereits am 11. Februar 2022 hatte der Freistaat beantragt, die Versetzung des früheren Richters aus Dresden in den Ruhestand für zulässig zu erklären. Mit Urteil vom 1. Dezember 2022 gab das Dienstgericht dem statt. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung am 5. Oktober 2023. In der nun angestrengten Aberkennung der Bezüge sah das Justizministerium eine angemessene Disziplinarmaßnahme für Dienstvergehen.

„Schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten“

Dem Juristen wurde eine „schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten“ in seinem früheren Richteramt zur Last gelegt. Es handele sich um Verstöße gegen das Mäßigungsgebot und die Pflicht zur Verfassungstreue, so Nadja Anders vom Justizministerium. Nach einer Wahlsendung im ZDF Anfang September 2017 soll Maier einen Facebook-Eintrag über die Journalistin Marietta Slomka verantwortet haben: „GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!“. Im April 2017 habe er bei einer Rede in einer Gaststätte in Pirna über den norwegischen Terroristen Anders Breivik geäußert, dieser sei „aus Verzweiflung“ zum Massenmörder geworden. Zudem habe er gefragt, ob der um sich greifende Multikulturalismus, die Vermischung der Kulturen innerhalb westlicher Gesellschaften durch die Einwanderung von Kulturfremden, nicht zum Wahnsinnigwerden sei.

Ausschließlich um diese Aussage bei einer Veranstaltung des Compact-Magazins zum Thema Migration ging es beim zweiten Verhandlungstermin am Donnerstag. Über Stunden hinweg befragte das Gericht zwei Zeugen. Ein Journalist (39), der mit Beiträgen für die SPD-Parteizeitung „Vorwärts“ die Causa Maier ins Rollen brachte, hatte damals die Veranstaltung via Livestream verfolgt. Grundlage seiner Berichterstattung sei ein wortgetreues Transkript von Maiers Rede gewesen, sagte er. Dieses liege ihm allerdings nicht mehr vor. An konkrete Aussagen und deren Kontext könne er sich nicht mehr erinnern.

„Ich war der aufsteigende Stern der AfD“

Ähnlich ging es dem AfD-Landtagsabgeordneten Norbert Mayer (67), der bei dem Treffen nahe Pirna dabei war. Er habe Maiers Breivik-Aussage aber als Warnung wahrgenommen: Angesicht der Spaltung in der Gesellschaft solle man in der politischen Auseinandersetzung friedlich bleiben. Denn sonst könnten psychisch labile Menschen womöglich zusätzlich einen Impuls zu solchen Terroranschlägen bekommen. Ihn habe der Anschlag am 22. Juli 2011 in Norwegen, bei dem 77 Menschen ums Leben kamen, sehr beschäftigt, so der Abgeordnete. Voriges Jahr sei er deshalb vor Ort gewesen und habe Blumen niedergelegt.

Maiers Anwalt Jochen Lober beantragte, die Klage abzuweisen. In beiden Fällen seien die Pflichtverletzungen nicht nachzuweisen. Zitatfetzen zu Breivik habe man in der Berichterstattung aus dem Kontext gerissen und aus einer gewissen Tendenz heraus formuliert. Und zum Post über die ZDF-Moderatorin Slomka gebe es keine Originalquelle, sondern lediglich den Screenshot einer Social-Media-Kachel. Daher läge kein Beweis vor, dass der Post tatsächlich von Maiers Account abgeschickt wurde. „Wir bestreiten das“, sagte Lober. Am Ende kam auch sein Mandant zu Wort. „Ich war der aufsteigende Stern der AfD in Sachsen“, sagte Maier. Inzwischen sei er an Krebs erkrankt. Ohne die Altersbezüge „weiß ich nicht, wie es weitergehen soll“.

Würde Maier im Falle einer juristischen Niederlage seine Pensionsansprüche als Richter verlieren, würde er vom Staat nachversichert und eine Rente erhalten. Mit der Entscheidung des Dienstgerichts droht Maier dieses Szenario zunächst nicht. Vor allem die ihm vorgeworfenen Äußerungen zu Breivik konnten nach Auffassung der Richter nicht nachgewiesen werden. Man kenne lediglich die Interpretation des Journalisten zu der Rede. Die Kammer müsse aber selbst Wortlaut und Kontext feststellen können, sagte Wagner.

Gegen die Entscheidung ist eine Berufung zum Dienstgerichtshof möglich.