„Wir müssen unseren Park verteidigen“: 300 Menschen demonstrieren in Leipzig-Reudnitz

Im Lene-Voigt-Park im Leipziger Stadtteil Reudnitz soll es wiederholt zu rechten Übergriffen gekommen sein. Mit der Demo „Keine Chance für rechte Gewalt“ haben rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dagegen ein Zeichen gesetzt.

Zum Buß- und Bettag 2024 herrscht tristes Novemberwetter. Kurz vor 14 Uhr kommt der Graupelschauer dazu. Im Lene-Voigt-Park im Leipziger Stadtteil Reudnitz sind für einen solch grauen Tag auffallend viele Leute unterwegs.

Neben weißen Regenschirmen mit der Aufschrift „Omas gegen Rechts“ sind Diana und Tobias auch mit der Fahne „Antifascist Action“ unterwegs. „Bei solchem Wetter würden wir natürlich sonst auf dem Sofa sitzen“, erklärt die 20-jährige Diana. „Doch uns ist es einfach wichtig, Flagge zu zeigen.“ Ihr 23-jähriger Freund Tobias ergänzt: „Wir sind sehr aktiv in den Foren und haben von der Kundgebung von ‚Leipzig nimmt Platz‘ erfahren.“

Erinnerung an die Attacken

Organisator Jörg erinnert in einer kurzen Ansprache an die Ereignisse im September. Wie Betroffene auch gegenüber der LVZ berichtet hatten, waren Jugendliche Anfang September unvermittelt attackiert und dabei als „scheiß Zecken“ beleidigt worden.

Elektroschocker sollen zum Einsatz gekommen sein. Es habe auch Tritte gegen Kopf und Oberkörper gegeben, so die Schilderungen.

Jörg setzt dagegen: „Der Park soll nazifrei bleiben.“ Der Lene-Voigt-Park sei nicht nur für ihn längst ein Lebensmittelpunkt geworden. „Und der soll bleiben, was er ist. Der Lene-Voigt-Park gehört uns allen.“

Omas gegen rechts: Für Rechte ist hier kein Platz

Wie er wohnt auch Elke, die sich als Oma gegen rechts engagiert, in Reudnitz. „Wir müssen unseren Lene-Voigt-Park verteidigen, den Rechten klarmachen, dass hier kein Platz für sie ist. Wir müssen wachsam sein, uns einmischen.“

Auch wegen des „lebendigen und vielfältigen Parks“ sei der Stadtteil so schön, hebt Stadtrat Frank Franke (SPD) hervor. Und durch diesen bewegen sich danach die rund 300 Teilnehmer auf einem kurzen Demonstrationszug.
Demonstrationszug durchs Viertel

Mit dabei ist auch der 47-jährige Roman. „Ich bin in dem Viertel ansonsten als Zusteller unterwegs. Mir ist nicht egal, was hier passiert.“

Nach etwa einer halben Stunde ist der Zug, der von zwei Polizeifahrzeugen eskortiert wird, zurück.

Nach der Grünen-Stadträtin Chantal Schneiß beschließt Martin Meißner, Vorstandssprecher der Grünen in der Stadt Leipzig, die Kundgebung.

Er nimmt dabei auch Bezug auf den Feiertag: Er wolle nicht beten müssen, dass seine Freunde nicht Opfer der Gewalt werden. „Ich will, dass Nazis dafür büßen, wenn sie aufmischen.“

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Matthias Puppe
19.11.2024

Nach Angriffen im Leipziger Osten: Anwohner organisieren Anti-Nazi-Demo

Die Leipziger Polizei ermittelt inzwischen wegen mehrerer Attacken im Lene-Voigt-Park. Laut der Betroffenen sollen die Täter gezielt Jagd auf „Zecken“ gemacht haben.

Nach mehreren mutmaßlich politisch motivierten Attacken im Leipziger Osten rufen Anwohnerinnen und Anwohner zu einer Demonstration gegen rechte Gewalt auf. „Wir lassen es nicht zu, dass unser Viertel wieder zum Schauplatz von Gewalt und Intoleranz wird“, heißt es in der Ankündigung. Der Protest trägt den Titel „Lene-Voigt-Park für alle“ und soll am Mittwoch um 14 Uhr an der Tauschbox in ebenjener Grünfläche im Stadtteil Reudnitz-Thonberg stattfinden.

Auslöser des Engagements sind Berichte über Attacken im Park, die mutmaßlich von einer Neonazi-Gruppe ausgegangenen waren. Bei der Polizei gibt es inzwischen mehrere Ermittlungsverfahren unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung. Wie Betroffene gegenüber der LVZ berichtet hatten, waren Jugendliche Anfang September unvermittelt attackiert und dabei als „scheiß Zecken“ beleidigt worden. Elektroschocker sollen zum Einsatz gekommen sein. Es habe auch Tritte gegen Kopf und Oberkörper gegeben, so die Schilderungen.

Demo-Organisator: Das „Herz von Reudnitz“ ist bedroht

„Wir wohnen seit zwei Dekaden in der Nähe des Parks. Für meine Familie, meine Kinder, ist das ein ganz zentraler Ort, ein Lebensmittelpunkt in Leipzig. Als ich dann die Berichte gelesen haben, dass das ‚Herz von Reudnitz‘ bedroht ist, war klar, dass etwas getan werden muss“, erzählt Demo-Organisator Jörg. Im Chat des Mehrfamilienhauses, in dem seine Familie lebt, wurde erst gemeinsam beraten, dann die Demonstration bei der Stadtverwaltung angemeldet. Unterstützung erhält er dabei auch vom Netzwerk „Leipzig nimmt Platz“.

Der 39-Jährige kennt die Berichte über sein Quartier aus der Vergangenheit. Während in den Ortsteilen im Süden und später im Westen Leipzigs bereits in den 1990er und 2000er Jahren durch Zuzug und Verjüngung Neonazi-Strukturen zurückgedrängt werden konnten, galt der Osten noch länger zum Teil als rechtsextremer Kiez. In den vergangenen 20 Jahren trug dann die Bevölkerungsentwicklung aber auch dort zur Veränderung bei.

„Die Faschos mögen hier früher Ansagen im Viertel gemacht haben, das darf aber nicht wieder so werden. Wir wollen das nicht einfach akzeptieren“, sagt der 39-jährige Demo-Organisator. Der Prostet am Mittwochnachmittag im Lene-Voigt-Park soll deswegen ein Zeichen setzen.

Laut Meldung bei der Stadtverwaltung werden 150 Personen zum Protest erwartet. Nach einer Auftaktkundgebung um 14 Uhr an „Lenes Tauschbude“ solle es später auch auf einer Demonstrationsroute durch das Quartier im Leipziger Osten gehen.