WhatsApp-Affäre um SPD und AfD ist geklärt: Neuer Bornaer Stadtrat darf sich formieren

Die Bornaer Stadtratswahl gilt. Der Landkreis Leipzig wies nach wochenlanger Prüfung eine Wahl-Anfechtung des Ex-AfD-Fraktionschefs zurück, der sich durch eine WhatsApp aus den SPD-Reihen benachteiligt sah. Doch das letzte Wort muss das nicht sein.

Dass die Wahl des Stadtrates in Borna Anfang Juni korrekt verlief, René Dietze hat da weiter seine Zweifel. Das Kommunalamt des Landkreises Leipzig teilt die nicht. Es wies eine Wahlanfechtung ab. Deshalb kann das neu gewählte Parlament am 19. September – einen Monat später als geplant – zu seiner ersten Sitzung zusammentreten.

René Dietze sitzt dann allenfalls unter dem Publikum. Angetreten für die „Bürger für Eula“, verpasste er den Wiedereinzug in den Stadtrat. Zuvor gehörte er dort der AfD-Fraktion an. Genau darauf hatte SPD-Mitbewerber Carlo Hohnstedter in einer WhatsApp-Nachricht hingewiesen, die er am Wahltag veröffentlicht hatte. Für Dietze eine unzulässige Wählerbeeinflussung – die unter Umständen seine (Wieder-)Wahl verhinderte.

Landkreis Leipzig: Beeinflussung „eher unwahrscheinlich“

Das Landratsamt in Borna habe die Wahlanfechtung Dietzes geprüft, sagt Belinda Reg‘n, die stellvertretende Sprecherin der Behörde, und – verworfen. „Unter Würdigung aller Umstände und des Zeitpunkts des Posts am Wahltag, ist im Ergebnis festzustellen, dass es sich aufgrund des begrenzten Adressatenkreises im Status-Post um eine persönliche Aussage in privater Eigenschaft handelt. Eine Beeinflussung des Wahlergebnisses durch die Veröffentlichung erscheint eher unwahrscheinlich.“

Hohnstedter habe, als er den in der Kritik stehenden Post verfasste, nicht ausdrücklich als Stadtrat gehandelt. Er habe offenbar nur ihm selbst und damit auch politisch ihm nahestehende Menschen damit erreicht und eher keinen, den er auf diese Weise von einer Wahl Dietzes abgehalten hätte.

René Dietze: 76 Stimmen fehlen für Sitz im Stadtrat

Den Mann aus Eula, der zumindest in den Ortschaftsrat Eula gewählt wurde und dort am 27. August zum Ortsvorsteher, überzeugt die behördliche Argumentation nicht. „Das ist sowas von schwammig geschrieben“, sagt er. Aus seiner Sicht habe Hohnstedter gegen seine Neutralitätspflicht als Stadtrat verstoßen. Keiner könne beurteilen, wie viele Adressaten der Post erreichte, wie viele ihn teilten: „Fakt ist, mir fehlten 76 Stimmen, um in den Stadtrat zu kommen.“

Carlo Hohnstedter hatte via WhatsApp am Vormittag des Wahltages unter anderem formuliert: „René Dietze tritt als ‚parteiunabhängiger‘ ‚Bürger für Eula‘ an. Derzeit aber ist der Vorsitzender der AfD-Fraktion im Bornaer Stadtrat. Lasst euch daher bitte nicht von einem falschen Label täuschen – Smiley.“ Fraktionschef war Dietze seit März 2023 nicht mehr.

Carlo Hohnstedter: Wollte für Transparenz sorgen

„Meinen WhatsApp-Status muss man in dem Kontext sehen, dass ich am Tag vor und während der Kommunalwahl rund 20 verschiedene Kandidaten verschiedener Parteien im Landkreis – zum Beispiel auch der Grünen, der CDU oder von unabhängigen Listen und unterschiedlicher Kommunen – aufgrund meiner subjektiven Erfahrungen mit meinen 150 Freunden, Familienmitgliedern und Bekannten – welche meinen Status sehen können – geteilt und empfohlen habe“, erklärt Carlo Hohnstedter, zuletzt SPD-Fraktionschef, der jetzt allenfalls als Nachrücker in das neue Parlament gelangt.

Mit dem Label „Bürger für Eula“ habe Dietze „eine falsche Unabhängigkeit gegenüber den Wählern suggeriert“. Das habe er klarstellen wollen. „Einen großartigen Effekt und große Reichweite sollte mein WhatsApp-Status nicht gehabt haben.“ Für die falsche Benennung als AfD-Fraktionsvorsitzenden habe er sich bei Dietze öffentlich in der letzten Stadtratssitzung entschuldigt.

Borna: Stadtrat tritt am 19. September zusammen

Ob René Dietze sich mit der Ablehnung seines Wahleinspruchs zufriedengibt, hat er noch nicht entschieden. Falls nicht, bliebe ihm, das Verwaltungsgericht Leipzig anzurufen. Bis zum 5. Oktober müsste er dort Klage einreichen. Eine aufschiebende Wirkung mit Blick auf die Konstituierung des Bornaer Stadtrates hat das nicht. Das neu gewählte Parlament tritt am 19. September zu seiner ersten Beratung zusammen. Sie beginnt 18 Uhr im Bürgerhaus Goldener Stern am Markt.

Der Stadtrat hat sich in seiner Zusammensetzung deutlich gewandelt: Mit sechs Sitzen stellt jetzt die AfD die stärkste Fraktion. Sie löst die Partei Die Linke ab, die mit sieben Sitzen bisher am stärksten vertreten war, jetzt aber auf drei Sitze zurückgefallen ist. Neben der Wahl eines Stellvertreters für Oberbürgermeister Oliver Urban (SPD) und die Besetzung der Ausschüsse geht es auch um Sachthemen: um Bauleistungen für Fußwege und Straßenbeleuchtung und um ein Graffiti-Projekt.