Parolen-Wildwuchs in Sitzenroda: Nordsachsen will Situation „neu bewerten“
Am Ortseingang von Sitzenroda stehen drei Aufsteller der rechtsextremen Freien Sachsen. Mittlerweile halten 30 Plakate gegen die Parolen. Vertreter des Kreises und der Polizei waren jetzt vor Ort. Schreiten Behörden nun ein?
Am Ortseingang von Sitzenroda ist ein Kampf um Deutungshoheit entbrannt. Drei Bannern der rechtsextremen Freien Sachsen – unter anderem „Wir sind das Volk“ und „Sitzenroda – Deutsches Dorf seit 1198“ – stehen 30 selbstgemalte Plakate gegenüber, die ein „buntes Volk“ befürworten. Die Behörden hatten bislang keine Möglichkeit zum Einschreiten gesehen.
Nun tut sich in der Bewertung der Situation offensichtlich etwas: Der Kreis teilte auf Anfrage mit, dass man derzeit dabei sei, den Sachverhalt „neu zu bewerten“. Grund sei, dass die Zahl von Plakaten und Transparenten entlang der Staatsstraße 24 „zuletzt deutlich zugenommen hat“. Kürzlich waren Vertreter verschiedener Behörden – auch der Polizei – vor Ort, um sich ein Bild von der Situation zu machen.
Die auf Verwaltungsrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei Götze in Leipzig hatte auf LVZ-Anfrage mitgeteilt, dass es rechtlich nicht nur möglich, sondern auch geboten sei, die Plakate entlang der außerörtlichen Staatsstraße entfernen zu lassen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass Hochbauten – und als solche würden die Aufsteller gelten – außerhalb von Orten generell nicht zulässig seien. Dies gelte auch für Werbe- und Propagandabotschaften. Da nicht zuletzt die Gefahr bestehe, dass Fahrzeuglenker durch die Banner und Plakate abgelenkt werden, müsse die Landkreisverwaltung handeln.
„Verwaltungen sollten genau hinschauen“
Die von der der LVZ befragten Parteien plädierten dafür, die geltenden Gesetze konsequent durchzusetzen. So sagte die CDU-Kreisvorsitzende Christiane Schenderlein: „Es ist wichtig, dass alle Verwaltungsebenen genau hinschauen, damit es zu keinen Grenzüberschreitungen kommt.“ Ähnlich äußerten sich die SPD, die Linken und die Grünen im Kreis.
Derweil hatte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, dass man auch über ein Verbot der Freien Sachsen nachdenken müsse. Die Partei wird vom Verfassungsschutz bereits als rechtsextrem eingestuft.
Schuster begründete seine Kritik an den Freien Sachsen im „Sachsen Fernsehen“ unter anderem damit, dass sie ein Klima für Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte bereiteten. Zudem verwies er auf die von der Partei organisierten Proteste gegen Kommunal- und Landespolitiker. Zuletzt waren Demonstranten in Richtung der Privatwohnung von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gezogen. Dadurch würde ein Bedrohungsszenario aufgebaut.