Hakenkreuze und Hitlergrüße: Die Fälle im Raum Delitzsch häufen sich
In Delitzsch, Eilenburg und Bad Düben werden vermehrt Hakenkreuze, SS-Runen und Nazi-Sprüche an Durchgängen und Hauswänden entdeckt. Das Landeskriminalamt Sachsen verzeichnet mehr Fälle, Experten warnen vor Raumgewinnung der rechtsextremen Szene.
Es sind Meldungen, die die Polizeireviere in der Region Delitzsch, Eilenburg und Bad Düben in schöner Regelmäßigkeit herausgeben: Immer wieder tauchen in den Kommunen der Region – und insbesondere den größeren Städten – Schmierereien mit verfassungsfeindlichem Inhalt auf: Mal an Hauswänden und Unterführungen, mal an Buswartehäuschen oder Stromkästen. Auch in der jüngsten Zeit waren die Beamten wieder wegen derlei Einsätzen unterwegs.
So etwa in Delitzsch. Dort hatten Unbekannte zwischen dem 1. und 2. November mit weißer Farbe mehrere Hakenkreuze an einer Treppe sowie dem Treppenaufgang der Volkshochschule an der Wittenberger Straße geschmiert. Auch an einem Nebengebäude wurde ein Schriftzug gesprüht, zudem ein Metallmast beschädigt. Es entstand hoher Sachschaden.
Mehr als doppelt so viele Fälle wie im Vorjahr
Gleiches Spiel in Eilenburg. Hier waren Unbekannte in der Zeit zwischen dem 7. und 8. November in der Torgauer Straße unterwegs, hinterließen mit einem türkisfarbenen Stift mehrere verfassungsfeindliche Schriftzüge an einer Hofdurchfahrt. Parallel zu den Schmierereien griffen die Unbekannten auch zur Sprühdose, brachten weitere Symbole von bis zu 20 mal 20 Zentimetern Größe an. Auch hier war der Sachschaden beträchtlich.
Doch sind die jüngsten Fälle Anzeichen dafür, dass das Problem zunimmt? Oder lediglich ein zufälliges Hoch in der jährlichen Kriminalitätsstatistik? Fakt ist, dass in Delitzsch, Eilenburg und Bad Düben im laufenden Jahr bislang 28 Fälle von Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole bekannt geworden sind. Das teilt das zuständige Landeskriminalamt (LKA) auf LVZ-Anfrage mit. 13 Vorkommnisse entfallen dabei auf Eilenburg, zwölf auf Delitzsch, lediglich drei auf Bad Düben.
Der Anstieg ist dennoch spürbar: Im gesamten Vorjahr wurden in allen drei Kommunen lediglich 13 Fälle aktenkundig. Das entspreche auch seiner persönlichen Einschätzung, sagt Mario Mucke, Leiter des Eilenburger Polizeireviers. Im Vergleich zum Bezugszeitraum des letzten Jahres sei ihm in Eilenburg eine Steigerung „derartiger Schmierereien“ aufgefallen.
Bandbreite reicht von Hakenkreuz bis Hitlergruß
Die Bandbreite der gesprühten und geschmierten Symbole umfasst dabei nahezu das gesamte Spektrum, so LKA-Sprecher Kay Anders. In den bislang in diesem Jahr aufgetretenen Fällen seien Hakenkreuze und Doppelsigrunen als Verweis auf die SS ebenso vorgekommen wie Parolen in Form des Hitlergrußes oder Abwandlungen davon. Im jüngsten Eilenburger Fall fanden sich die Schmierereien zudem in unmittelbarer Nähe zu Graffitis, die eher der linken Szene zugeordnet werden.
Bereits vor zwei Jahren häuften sich die Schmierereien
Was den Grund der aktuell gefühlten Häufung anbelangt, ist laut LKA kein konkreter Auslöser festzustellen. Sicher scheint zumindest, dass der aktuelle Krieg in Nahost, der mit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober seinen Anfang nahm, bislang keine gesteigerten Fallzahlen produziert hat.
Eine ähnliche Häufung von Vorfällen hatte es bereits vor rund zwei Jahren gegeben. Damals waren verfassungsfeindliche Schmierereien in weiten Teilen der Region aufgetaucht, hatten Unbekannte etwa Hakenkreuze in sieben Fahrzeuge im Delitzscher Norden gekratzt, andere Täter ein Hakenkreuz und eine SS-Rune in die Tür der Podelwitzer Kirche gebrannt.
Extremismusforscher: Rechten keine Räume überlassen
Johannes Kiess vom Leipziger Else-Frenkel-Brunswick-Institut hatte damals eine Art „Eventcharakter“ in der Szene gesehen. Insbesondere junge Menschen ließen sich davon mitreißen und suchten den Reiz des Verbotenen, so der Demokratie- und Extremismusforscher. Wichtig sei dabei insbesondere, dass die Aktionen das Potenzial haben, vermeintliche Feinde sowie die Mehrheitsgesellschaft zu provozieren. Eine Einschätzung, die er auch im aktuellen Fall weiter teilt.
Laut Kiess sind die aktuellen Entwicklungen nicht neu, sondern werden seit Jahrzehnten von der rechten Szene verwendet. Das eigentliche Ziel, so formulierte es der Forscher schon 2021, sei dabei Raumgewinnung, etwa durch Anbringen von Hakenkreuzen. Der nächste Schritt seien dann Demos und Versammlungen im öffentlichen Raum, um Präsenz zu zeigen. Umso wichtiger sei es, die Taten zu verurteilen, Symbole und Schriftzüge schnell zu entfernen und Verursacher zu ermitteln und zu bestrafen. Andernfalls entstehe der Eindruck, dass derlei Tun von der Öffentlichkeit toleriert werde – und die Rechten könnten weitere Räume erobern.