Steine und Buttersäure: Geldstrafe nach Anschlag auf Minister Gemkow in Leipzig

Im Jahr 2015 verübten mehrere Täter einen Anschlag auf die Leipziger Wohnung des damaligen sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow (CDU). Zwei Tatverdächtige wurden freigesprochen, der dritte und letzte Angeklagte zunächst auch. Am Montag hob das Landgericht diesen Freispruch auf.

Leipzig. Mehr als siebeneinhalb Jahre nach dem Anschlag auf die Leipziger Wohnung des damaligen sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow (CDU) gab es nun doch noch eine Verurteilung. Das Landgericht sprach am Montag den 43-jährigen Jens E. wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung schuldig. Er muss eine Geldstrafe in Höhe von 4800 Euro bezahlen.

Noch 2o21 war Jens E. vom Amtsgericht freigesprochen worden. Es gebe nicht unerhebliche Zweifel an dessen Tatbeitrag, hieß es in dem Urteil. Laut Anklage soll er zu einer Gruppierung gehört haben, die am 24. November 2015 kurz nach 2 Uhr die damalige Hochparterrewohnung von Gemkow im Eckhaus August-Bebel-/Scharnhorststraße attackierte.

Die Täter warfen Granitsteine gegen die Fenster und anschließend mit Buttersäure gefüllte Weihnachtsbaumkugeln in die Wohnung. Zu dieser Zeit schliefen hier der Minister, seine Frau und seine zwei Töchter. Verletzt wurde niemand, der Sachschaden lag bei 10 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Angreifer nicht Gemkow treffen wollten, sondern ein bei der Antifa beliebtes Modelabel in einer Nachbarwohnung.

Auf Jens E. waren die Ermittler gekommen, weil dessen DNA an einem Stein am Tatort entdeckt wurde. Der Angeklagte hatte jedoch eine Erklärung dafür: Jemand habe ihm am Tag zuvor bei einer Legida-Versammlung einen Stein in die Hand gedrückt, damit er sich gegen Gegendemonstranten zur Wehr setzen könne. Für die Anklagebehörde eine Schutzbehauptung, sie ging gegen den Freispruch in Berufung.

Wegen langer Verfahrensdauer: Teil der Strafe gilt als vollstreckt

Die 4. Strafkammer des Landgerichts hob am Montag das Amtsgerichtsurteil auf und verhängte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen á 80 Euro. Wegen der überlangen Verfahrensdauer erklärte das Gericht die Hälfte dieser Strafe als bereits vollstreckt. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Monate auf Bewährung gefordert, die Verteidigung einen Freispruch. Mithin gilt eine Revision als wahrscheinlich. Der Angeklagte ist bereits wegen der Beteiligung an den Ausschreitungen von Hooligans und Rechtsextremen im Januar 2016 in Connewitz verurteilt.

Zuvor waren zwei Beschuldigte in dem Fall rechtskräftig freigesprochen worden. Von einem Autohändler aus Nordrhein-Westfalen war ebenso DNA an Wurfgeschossen am Tatort festgestellt worden wie von dem vorbestraften Thomas K. (36). Allerdings hielt das Landgericht hier eine Sekundärübertragung des Zellmaterials für möglich.

LVZ