Ausreden statt aufräumen

Frohburg sagte Spiel gegen Roten Stern ab

Der BSV Einheit Frohburg hat das für vergangenen Samstag angesetzte Spiel gegen die Mannschaft des Roten Stern Leipzig abgesagt. Der sächsischer Fußballverband und der Rote Stern kritisieren die Entscheidung – und die LVZ macht den Roten Stern zum Buhmann.

Am Samstag, den 25. März, hätte es zum Duell in der Landesklasse Nord zwischen Einheit Frohburg und Roter Stern Leipzig (RSL) kommen sollen. Doch die Frohburger sagten das Spiel ab, was einen Punkteverlust und eine Geldstrafe zur Folge hat. Begründet wurde die Entscheidung mit der Sicherheitsrichtlinie des Sächsischen Fußballverbandes nach der Einstufung als »störanfälliges Spiel«.

Das Gespräch mit den Verantwortlichen des RSL zwecks der Organisation wurde nicht gesucht. Stattdessen gab es eine Platzbegehung mit Vertretern von Polizei, Ordnungsamt und Verband. Die Sicherheitsbestimmungen, die dabei festgelegt wurden, stufte der Verein später als nicht machbar ein. Man könne nicht genug Personal aufbieten.

Vertreter des Roten Sterns und des Verbands reagierten mit Unverständnis auf diese Entscheidung und ließen verlauten, man hätte die Maßnahmen durchaus umsetzen können. Von den eigenen Fans gehe kein Risiko aus, im Gegenteil: Ordner seien auswärts in der Regel dafür da, die RSL-Anhänger zu schützen.

Frohburg dagegen sage lieber Spiele ab und gebäre sich als Opfer, als vor der eigenen Haustür zu kehren: Einer der Spieler im Kader Frohburgs war bei den rechtsradikalen Angriffen im Januar 2016 in Connewitz beteiligt. Fußball-Abteilungsleiter Rico Hiensch begründete die Absage auch damit, dass er sich sorge um einen Spieler, um den es »Vorfälle« gegeben haben soll. Welche das seien, sagte er nicht.

Der Nichtantritt ist ein Novum in der Liga. Schlusslicht Frohburg hätte die Punkte sicherlich gut brauchen können. Neben den fragwürdigen Gründen für die Spielabsage muss sich der Verein ein ums andere Mal den Vorwurf gefallen lassen, einen Spieler im Kader zu haben, der Teil des rechtsextremen Milieus ist. Das ist das eine. Wer sich in der Causa aber ebenfalls hinterfragen sollte, ist die Leipziger Volkszeitung, die über den Vorfall berichtete.

In einem Kommentar, der die Spielabsage zum Präzedenzfall machen will, schätzt die LVZ die Problematik falsch ein. Statt kritikwürdigen Entscheidungen Frohbergs wird Roter Stern zum Schuldigen gemacht. Da hieß es, der »ganz offen links stehende Connewitzer Kietz-Club« sei ein »politischer Sportverein«, mit dessen Umgang sich die Verantwortlichen schon lange schwertun. Vonseiten des RSL klingt das anders, aber die hat man vermutlich nicht gefragt.

Am Ende geht es laut LVZ-Redakteur doch um den Fußball, Vereine und Verband sollten Friede-Freude-Eierkuchen-mäßig miteinander reden. Ansonsten drohe ein Szenario, in dem ein »Teil der Landesklasse die Partien boykottiert wird und die Liga zur Farce verkommt«.

Man könnte natürlich auch sagen, dass Frohburg selbst schuld ist, wenn sie nicht zu den Spielen antreten. Ob sich das andere Vereine zum Anlass nehmen, auf Punkte zu verzichten, ist stark zu bezweifeln. In jedem Fall gäbe es Bedarf, seitens Frohbergs mal über die ein oder andere Personalfrage nachzudenken. Doch davon kein Ton.


Johannes David LVZ 22.03.2023

Wenn dieses Beispiel Schule macht, steht die Landesklasse vorm Boykott

Der BSV Einheit Frohburg verzichtet freiwillig auf die Landesklasse-Partie gegen Roter Stern – ein Novum in dieser Fußball-Spielklasse. Um weitere Fälle wie diesen zu verhindern, müssen Verein und Verband miteinander sprechen, kommentiert LVZ-Redakteur Johannes David.

Gut möglich, dass den Verantwortlichen des Sächsischen Fußballverbandes vor dieser Situation schon seit ein paar Jahren graut. Jetzt ist soweit: Erstmals verzichtet ein Verein freiwillig auf eine Partie gegen Roter Stern Leipzig, nimmt dafür sogar Punktverlust und Geldstrafe hin. Der BSV Einheit Frohburg scheut den hohen personellen und finanziellen Aufwand, hat Angst, dass die Lage trotz erhöhter Sicherheit außer Kontrolle gerät. Was ist, wenn dieses Beispiel Schule macht? Wenn plötzlich auch andere Mannschaften nicht mehr gegen Roter Stern Leipzig antreten? Dann sitzt der Verband in der Klemme.

Denn der Umgang mit dem ganz offen links stehenden Connewitzer Kietz-Club fällt den Verantwortlichen seit jeher schwer. Zu gerne weisen sie auf die Trennung zwischen Sport und Politik hin. Und sie wird ihnen ja auch vorgelebt, wenn die Fifa bei der Weltmeisterschaft nicht einmal Solidaritäts-Bekundungen erlaubt. Doch in diesem Fall sind die Grenzen eben längst verschwommen. Roter Stern ist ein politischer Sportverein – mit vielen Anhängerinnen und Anhängern. Höchste Zeit, sich wirklich damit auseinanderzusetzen.

Lösungen finden sich nur im ehrlichen Gespräch

Wie können alle Beteiligten zu einem guten Miteinander finden? Wie können positive und negative Begleiterscheinungen kanalisiert werden? Welcher Aufwand ist für ein Siebtliga-Spiel vertretbar, welcher nicht? Lösungen finden sich nur, wenn alle Seiten ehrlich in gemeinsame Gespräche gehen. Ehe ein Teil der Landesklasse die Partien boykottiert wird und die Liga zur Farce verkommt. Denn vielleicht bringt Einheit Frohburg eine Lawine ins Rollen, die schon lange drohend über dem Hang steht.


Nach Spielabsage: Warum Roter Stern Leipzig das Vorgehen von Einheit Frohburg nicht versteht

Bei Roter Stern Leipzig herrscht Unverständnis über die Absage des Landesklasse-Gastspiel bei Roter Stern Leipzig. „Wir wollten weiter verhandeln“, sagt der Club, der eine Kundgebung bei Ausschluss von Gästefans erwogen hätte.

Leipzig. Das von den Hausherren abgesagte Landesklasse-Spiel zwischen dem BSV Einheit Frohburg und Roter Stern Leipzig sorgt für anhaltendes Unverständnis. „Wir wollten weiter verhandeln, die Frohburger haben dann relativ eigenmächtig entschieden, dass sie nicht spielen wollen“, sagt Sterne-Pressesprecher Conrad Lippert. „Dabei kann man das hinkriegen. Wir haben mit allen Vereinen Verhandlungserfolge erzielt. Ich verstehe den Wind um die Sache nicht.“ Der Einheit-Vorstand hatte sich wegen des höheren organisatorischen Aufwands für einen Nichtantritt des Teams entschieden, nimmt lieber Punktverlust und Geldstrafe in Kauf.

Allein stehen die eigentlichen Gäste mit ihrer Kritik an diesem Vorgehen nicht. Auch der Sächsische Fußball-Verband hatte den BSV darauf hingewiesen, „alle Möglichkeiten auszuschöpfen“. So wäre etwa eine Beschränkung der Zuschauerzahl in Betracht gekommen. Tickets hätten nur über den Vorverkauf veräußert werden können. Sogar eine Partie komplett ohne Gästefans wäre im Bereich des Möglichen gewesen.

Kundgebung auf dem Gelände, statt Fans im Stadion?

Dieses Szenario wiederum hätte durchaus in einer Kundgebung vor dem Sportgelände in Frohburg münden können, wie es die Anhängerinnen und Anhänger von Roter Stern schon in ähnlichen Fällen praktiziert haben. Auch den Hinweis auf fehlende Helferinnen und Helfer, weil zeitgleich die zweite Einheit-Mannschaft spielt, sieht Conrad Lippert kritisch. „Da hätte man sich um eine Verlegung bemühen können.“

Die Begegnung zwischen Frohburg und Roter Stern war zuvor von der Polizei in die Kategorie II („störanfälliges Spiel“) eingeordnet worden. Die Sicherheitsauflagen sind höher als bei einer normalen Begegnung der 7. Liga. Es braucht zum Beispiel mehr Ordner und eine externe Security. Ob denn das Risiko von Zwischenfällen gegeben gewesen wäre? „Ich wäre davon ausgegangen, dass Frohburg das unter Kontrolle hat und da nichts passiert“, so Lippert. Mit einer dauerhaft ansprechbaren Person während des Spiels, um kurzfristig Probleme zu lösen, hätte man gute Erfahrungen gemacht.

Das Hinspiel kostete Roter Stern 1500 Euro

Zudem mutmaßt Lippert, auch die Tabellensituation habe dazu geführt, dass Einheit sich zur Absage entschieden habe. Frohburg ist Schlusslicht, hat nur noch wenig Aussicht auf den Klassenerhalt. „Würden sie im Mittelfeld stehen, sähe das bestimmt anders aus.“ Und noch etwas anderes stört den Presse-Verantwortlichen der Sterne. „Uns wird dieser Aufwand vier- bis fünfmal pro Saison zugemutet und das sollte auf Landesklasse-Niveau auch kein Problem sein“, sagt er.

Unter anderem beim Hinspiel gegen Frohburg gab es diesen Aufwand, der laut Vereinsangaben Kosten von 1500 Euro für Roter Stern bedeutete. Der höhere Aufwand sei übrigens nach einem Hinweis der Polizei betrieben worden. Am Ende kamen etwa 30 bis 40 Gästefans, sorgten für gute, entspannte Stimmung.

Der freiwillige Frohburger Verzicht auf die Partie führt nun zu einer Sportgerichtsverhandlung, das Urteil dürfte obligatorisch sein: drei Punkte für Roter Stern, eine Geldstrafe für Einheit Frohburg.