Nächtlicher Brandanschlag auf Leipziger Autohaus: Angeklagte legen Geständnisse ab

Zur tiefsten Schlafenszeit zündeten sie Mercedes auf dem Gelände eines Autohauses an, ein politisches Motiv bestreiten sie: Gegen eine junge Frau (21) und zwei junge Männer (22, 23) begann Mittwoch im Leipziger Amtsgericht der Prozess unter anderem wegen Brandstiftung. Das Trio gab den Vorwurf über seine Verteidigung weitgehend zu, im Gegenzug wurden vom Gericht Bewährungsstrafen zugesagt.
Gegen sie wurde im Zusammenhang mit der Verurteilung von Lina E. und dem „Tag X“ vom 3. Juni 2023 in Leipzig ermittelt. Aber dass sie ein Jahr darauf wegen einer Brandstiftung auf dem Gelände eines Autohauses festgenommen wurden, war nach ihrer Darstellung Zufall: Eine junge Frau und zwei junge Männer sitzen seit Mittwoch, dem 17. September, auf der Anklagebank im Leipziger Amtsgericht.
Es war der 31. Mai 2024 um 02:00 Uhr, als sich xxxxx (heute 21), xxxxx (heute 22) und xxxxx (heute 23) laut Staatsanwältin Sandra Daute aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses zu einem Autohaus in der Schomburgkstraße begaben und auf dem Gelände neun Mercedes unterschiedlicher Modelle in Brand setzten. Der Sachschaden wurde auf 300.802 Euro beziffert, zusätzlich liefen für den Händler 183.000 Euro Folgekosten auf.
Staatsanwaltschaft sperrt sich gegen Bewährungsstrafen
Das befreundete Trio hatte seine Rechnung gleichwohl ohne die Polizei gemacht, die X., X. und X. bei der Fahndung etwa 02:10 Uhr an der Kreuzung Pansastraße/Abrahamstraße stellen konnte, wenige Minuten vom Tatort. Bei der Durchsuchung stießen die Beamten auf Sturmhauben, Feuerzeuge, Grillanzünder und einen abgebrochenen Mercedes-Stern. Alle drei wurden festgenommen.
Nach einem nichtöffentlichen Rechtsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gaben die Angeklagten, die gemäß eigener Aussage studieren, den Anklagevorwurf am Mittwoch im Wesentlichen zu. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Juliane Guha stellte vorab gegen Geständnisse Bewährung in Aussicht – ein Deal, dem die Staatsanwaltschaft widersprach. Sie hält mithin Freiheitsentzug für die angemessene Antwort.
„Irrsinnstat“ ohne klares Motiv?
In ihren Geständnissen bemühten sich die Angeklagten, etwas Boden gutzumachen: Sein Mandant xxxxx habe den Grillkohleanzünder bewusst zwischen Motorhaube und Frontscheibe platziert und die Nähe zum Tank vermieden, sagte Rechtsanwalt Christian Friedrich: „Er ist nicht davon ausgegangen, dass ein Schaden in diesem Umfang entsteht. Das Ausmaß hatte er nicht beabsichtigt.“ Darüber hinaus sprach der Anwalt von „völligem Blödsinn“ und einer „Irrsinnstat“ ohne Motiv, bei der es genauso gut andere Autohäuser hätte treffen können.
Ähnlich äußerten sich seine Verteidiger-Kollegen: xxxxx habe zum Tatzeitpunkt nach Auslaufen des Bafögs unter Geldnot, Frust, Labilität und Zukunftsangst gelitten, so Anwalt Christian Mucha, durch die Tat eventuell ein Symbol setzen wollen.
Rechtsanwältin Doreen Blasig-Vonderlin schilderte, dass man sich zum Siedler-Spiel in der Wohnung des Angeklagten xxxxx traf und dort die Idee entstand. Ihre Mandantin xxxxx sei über die Folgen geschockt: „Sie weiß, dass sie für den Rest ihres Lebens Schadenersatzzahlungen leisten muss.“ Auch die Festnahme und der Termin beim Ermittlungsrichter hätten Eindruck bei der jungen Frau hinterlassen, so ihre Anwältin. Gegen die Angeklagten waren Haftbefehle erlassen, aber gegen Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt und später aufgehoben worden.
Angeklagte bestreiten politischen Tathintergrund
Doch war das Motiv wirklich so nebulös? Immerhin ermittelte die Soko LinX nach der Festnahme des Trios, da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen wurde. Die Brandstiftung fiel auf den ersten Jahrestag der Verurteilung von Studentin Lina E. und anderer: Die Leipziger Studentin hatte wegen Angriffen auf Rechtsgerichtete über fünf Jahre Haft kassiert, was die linke Szene im Frühsommer 2023 zur Mobilisierung veranlasste. Eine Million Euro Sachschaden für jedes verhängte Jahr Haft, hieß es damals in einem kursierenden Droh-Aufruf.
Die jetzt Angeklagten waren Betroffene des umstrittenen Polizeikessels am 3. Juni 2023, dem „Tag X“ in der Südvorstadt, bei dem die Polizei nach Angriffen auf Einsatzkräfte hunderte Personen, darunter auch Minderjährige, festgesetzt hatte. Die Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs gegen mindestens einen Angeklagten sind inzwischen, wie bei vielen hundert anderen, aber eingestellt. Einen Zusammenhang zur Brandstiftung ein Jahr später wiesen die Verteidiger zurück: Über den Komplex Lina E. hätte man sich bei der Tatbegehung keine Gedanken gemacht.
Zumindest ein Strafbefehl gegen den Angeklagten xxxxx wurde am Mittwoch fallengelassen, da die Sanktion kein bedeutendes Gewicht mehr habe: In xxxxxs Wohnung hatte die Polizei geringe Mengen Amphetamine und Ecstasy konfisziert. Was die Brandstiftung betrifft, war zunächst noch ein Verhandlungstag bis zum Urteil angesetzt. Weil die Anklagebehörde sich gegen eine Bewährung gesperrt hatte, scheint es naheliegend, dass sie in diesem Fall Rechtsmittel einlegt und der Fall vor die nächste Instanz kommt – das Landgericht.