Spur des AfD-Großspenders führt nach Jena [Böttcher AG, bueromarkt-ag.de]

Vor Kurzem erhielt die AfD 999.900 Euro – überwiesen von einem Gönner mit Briefkasten-Adresse in einer thüringischen Kleinstadt. Nach SPIEGEL-Recherchen unterhält der Mann enge Verbindungen zu einem Thüringer Unternehmen.

Im Fall der mysteriösen Großspende in Höhe von 999.900 Euro, die am 23. Januar bei der »Alternative für Deutschland« einging, werden neue Details bekannt. Nach SPIEGEL-Recherchen handelt es sich bei dem Mann, der offiziell als Spender auftrat, um ein Mitglied des Aufsichtsrats eines bekannten Thüringer Unternehmens.

Der Bundestagsverwaltung hatte die Partei die Personalien ihres Gönners mit Horst Jan Winter angegeben und eine Adresse im thüringischen Blankenhain (6.600 Einwohner) genannt. Diese warf jedoch Fragen auf: An der angeblichen Anschrift des Spenders ist der Mann offenbar unbekannt.

Wie direkte Nachbarn dem Sender MDR berichteten, würde dort niemand mit dem Namen Horst Jan Winter wohnen. Lediglich der Name »H. Winter« sei irgendwann an einem Briefkasten im Hausflur angebracht worden, sagte ein Zeuge dem MDR – von wem, wisse er nicht. Auch der Bürgermeister der Kleinstadt, Jens Kramer (CDU), erklärte dem MDR, keinen Horst Jan Winter zu kennen.

Zweitwohnsitz eines Aufsichtsrats?

Auf Anfrage des SPIEGEL hatte AfD-Bundesschatzmeister Carsten Hütter am Freitagabend angegeben, dass er mit dem Großspender bislang lediglich zwei Mal telefoniert habe. »Der Mann ist kein Mitglied der Partei, ich kannte ihn bis dahin nicht«, so Hütter. Horst Jan Winter hätte sich telefonisch gemeldet und angekündigt, eine Million Euro spenden zu wollen. Etwas später sei das Geld dann bei der Partei eingegangen. SPIEGEL-Fragen, ob die knappe Million von Winter privat oder aber von einem Firmenkonto kam, wollte der AfD-Schatzmeister nicht beantworten.

Nach SPIEGEL-Recherchen handelt es sich bei der Adresse mit dem Briefkasten von »H. Winter« in Blankenhain um den Zweitwohnsitz eines Geschäftsmanns aus Jena: Horst Jan Winter – Rufname laut Melderegister »Jan Winter« – sitzt laut Unterlagen aus dem amtlichen Handelsregister aus dem Jahr 2023 im Aufsichtsrat der Jenaer Böttcher AG, einem mittelständischen Versandhändler für Bürobedarf.

Der 1995 gegründete Betrieb, der unter anderem Büroartikel, Elektronik und Werkzeug anbietet, meldete vor wenigen Tagen Rekordzahlen für das Geschäftsjahr 2024. Demnach habe das Unternehmen aus Jena einen Umsatz von 900 Millionen Euro erzielt.

Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Udo Böttcher, zeigt zumindest in sozialen Netzwerken eine inhaltliche Nähe zur AfD: Teilte er zuvor Bilder von luxuriösen Reisen, Freizeitaktivitäten und Luxusjets, postete er im November 2024 unter anderem das Video eines rechtsextremen Liedermachers, der bei AfD-Veranstaltungen auftritt.

An anderer Stelle nennt er AfD-Chefin Alice Weidel »meine Kanzlerin« oder lobte eine Rede von ihr als »geil«, schrieb dazu »das sollte unser Traum von Deutschland sein«. Auch den rechtsextremen FPÖ-Chef Herbert Kickl erwähnt er lobend und rät dazu, »am besten keine deutschen Nachrichten und Zeitungen lesen, außer freien Journalismus« – gemeint sind die sogenannten alternativen Medien, die es inzwischen am äußeren rechten Rand gibt.

Ob es eine Verbindung zwischen der Spende Winters und dem Unternehmen gibt, ist bislang unklar. Sowohl Winter als auch die Böttcher AG waren am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke) fordert unterdessen eine Prüfung der Großspende durch die für die Finanzkontrolle der Parteien zuständigen Bundestagsverwaltung. »Die Bundestagsverwaltung muss den Fall untersuchen und Finanzermittlungen einleiten«, so Renner zum SPIEGEL.

Laut dem Parteiengesetz sind einzelne Spenden, die 35.000 Euro übersteigen, unverzüglich anzuzeigen und unter Angabe des Zuwenders zeitnah zu veröffentlichen. Sogenannte Strohmannspenden, bei denen der oder die tatsächlichen Geldgeber verschleiert werden, sind unterdessen streng verboten . Parteien, die derartige Spenden trotzdem annehmen, drohen Strafzahlungen in dreifacher Höhe.

Erst am Dienstag hatte die AfD bereits 1,5 Millionen Euro erhalten – von dem umstrittenen Unternehmer und Multimillionär Winfried Stöcker. Die Zuwendung war die größte Einzelspende der Parteigeschichte.