Flughafen-Blockade in Leipzig: Demonstranten sind im Streit mit DHL gesprächsbereit
Das Unternehmen DHL Hub Leipzig verklagt sechs Demonstranten auf Schadenersatz. Die Initiative „CancelLEJ“ hatte vor zwei Jahren eine Zufahrt zum DHL-Logistikzentrum am Flughafen Leipzig/Halle blockiert. Am Landgericht Leipzig haben nun beide Seiten Gesprächsbereitschaft gezeigt.
Seit zwei Jahren gibt es Streit um eine Blockade des DHL-Hubs am Flughafen Halle/Leipzig. Am Dienstag ist dazu nun auch vor dem Landgericht Leipzig verhandelt worden. Dort ging es um drei Zivilklagen, die die DHL-Tochter DHL Hub Leipzig gegen die Initiative „CancelLEJ“ angestrengt hatte.
DHL wollte ursprünglich insgesamt rund 84 000 Euro Schadenersatz von den Klima-Demonstrantinnen und -Demonstranten, machte ihnen aber ein Vergleichsangebot. Obwohl beide Seiten Gesprächsbereitschaft signalisiert haben, gibt es vorerst keine Einigung. Bleibt das so, will das Landgericht im Oktober ein Urteil sprechen.
Blockade an Flughafen-Zufahrt vor zwei Jahren
Der Streit begann an einem späten Samstagabend Anfang Juli 2021. Damals blockierten rund 50 Menschen eine Lkw-Zufahrt am Flughafen, die unter anderem zum Frachtdrehkreuz von DHL führt. Die Gruppe „CancelLEJ“ wollte damit auf den CO2-Ausstoß des Flughafens aufmerksam machen sowie gegen dessen Ausbau und für eine Verkehrswende protestieren. Der Landtagsabgeordnete Marco Böhme (Linke) hatte eine Kundgebung angemeldet.
Die Aktion löste eine kontroverse Debatte aus. Bis heute sind zentrale Fragen umstritten: War die Blockade eine rechtmäßige Demonstration? Wie hoch ist der wegen der Störung entstandene Schaden? Und wer muss dafür zahlen?
DHL findet: Die Mitglieder von „CancelLEJ“ müssen für den Schaden aufkommen. Deshalb führt das Unternehmen exemplarisch Zivilklagen gegen sechs Menschen, die an der Blockade beteiligt waren. Drei davon sind am Landgericht Halle anhängig, drei am Landgericht Leipzig.
Unmittelbar nach der Blockade hatte DHL davon gesprochen, dass aufgrund der Störung im Betriebsablauf ein Schaden in Höhe von 1,5 Millionen Euro entstanden sei. An der Zahl hatte es aber bald Zweifel gegeben. Mit seinen Zivilklagen wollte DHL schließlich rund 84 000 Euro Schaden geltend machen.
Dieser sei etwa wegen zusätzlicher Lkw-Fahrten, Überstunden und einem Ersatzflug nach Tel Aviv entstanden. Insgesamt sei der Schaden höher – wie hoch, das will DHL auf Anfrage mit Verweis auf die laufenden Verfahren nicht sagen.
In den Zivilverfahren ist DHL inzwischen aber ohnehin von seinen Schadenersatzforderungen zurückgetreten. Man könne sich, so lautet ein Vergleichsangebot des Konzerns, darauf einigen, dass die Demonstranten 80 Arbeitsstunden in einem Aufforstungs- oder Naturschutzbetrieb leisten beziehungsweise 15 Euro pro Arbeitsstunde bezahlen. Die Prozesskosten könne man sich teilen.
Vor dem Landgericht gegen DHL-Klagen demonstriert
Die Initiative „Repression nicht zustellbar“ kritisiert dieses Angebot als versuchtes „Greenwashing“. Es bestrafe die, die sich besonders stark für mehr Klimagerechtigkeit einsetzten. Mehrere Dutzend Menschen sind am Dienstagvormittag dem Aufruf der Initiative gefolgt, vor dem Landgericht Leipzig zu demonstrieren.
Vor dem Landgericht Halle hatte eine junge Frau das Vergleichsangebot von DHL kürzlich abgelehnt. Dort soll nun am 11. August eine richterliche Entscheidung fallen. Die Demonstranten, die DHL in Leipzig verklagt, haben sich am Dienstag grundsätzlich gesprächsbereit gezeigt. Anwalt Lukas Theune vertritt zwei Frauen und sagt, dass seine Mandantinnen ohnehin schon ehrenamtliche Arbeit im geforderten Bereich leisten.
Zudem fühlten sie sich „parastaatlich“ behandelt, da sie ein Privatkonzern für eine rechtmäßige Blockade zur Rechenschaft ziehen wolle. Man müsse also noch über die Bedingungen eines Vergleichs sprechen, unter anderem auch über die Prozesskosten. Dazu werde man, so Theune, in der nächsten Woche ein Gegenangebot vorlegen.
Bis Ende September wollen die Parteien das Gericht nun über eine mögliche Verständigung informieren. Gelingt eine Einigung nicht, so soll am Landgericht Leipzig dann im Oktober eine Entscheidung fallen. Der zuständige Richter hat allerdings durchblicken lassen, dass er sich nicht um ein Urteil reißt. Er ist nicht inhaltlich auf die Streitpunkte eingegangen. Die Sache, so hat er formuliert, würde bei einer Entscheidung wohl ohnehin in die nächste Instanz gehen.
Neben den Zivilklagen drohen den Demonstrantinnen und Demonstranten auch strafrechtliche Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat gegen alle Blockierer wegen gemeinschaftlicher Nötigung ermittelt. Diese Ermittlungen sind abgeschlossen, richterliche Entscheidungen bislang aber nicht gefallen.
LVZ