Anschlag in Leipzig-Sellerhausen: Einbrecher schänden Emmaus-Kirche
In Leipzig nehmen die Einbrüche in Kirchen immer schlimmere Ausmaße an: Am Dienstag schändeten Unbekannte den Altarraum der Emmauskirche in Sellerhausen und entwenden das Kreuz. Dann legten sie ein Feuer, das Bauarbeiter entdeckten, bevor es sich ausbreiten konnte.
Die Einbruchserie in Leipziger Kirchen hat in der Nacht zum Dienstag einen neuen Höhepunkt erreicht: In der evangelisch-lutherischen Emmauskirche in Sellerhausen wurde der Altarraum geschändet. Die Einbrecher versuchten auch, einen Brand in der Kirche zu legen; nur ein Zufall verhinderte, dass das Gotteshaus abbrannte. Die Leipziger Polizei tappt bei der Tätersuche im Dunkeln.
Die Einbrecher schlugen in der Nacht ein Fenster ein, brachen Schränke auf und zerstreuten den Inhalt auf dem Boden. Im Altarraum fegten sie alle Gegenstände vom Altar und platzierten dort stattdessen eine Rolle Toilettenpapier. Einer der Täter hinterließ hinter dem Tisch einen Fäkalienhaufen, bevor sich die Vandalen mit dem kupfernen Altarkreuz und einem Leuchter davon machten. Das schwere kupferne Taufbecken wurde auf halbem Weg liegengelassen, weil es nicht durch das aufgebrochene Fenster passte.
Entdeckt wurde der Anschlag am Dienstagmorgen, als in der Kirche eine Teilbauabnahme von Sanierungsarbeiten stattfand. Die Bauexperten stießen dabei in der zweiten Etage auf einen Schwelbrand, der sich bereits durch dicke Holzbohlen gearbeitet hatte. Die Täter hatten dort mit Papier ein Feuer gelegt und sich anschließend von dannen gemacht. „Wäre der Schwelbrand nicht entdeckt worden, hätte nach der Kirchenöffnung der Durchzug das Feuer wieder richtig entfacht, und gegen Mittag wäre die ganze Kirche abgebrannt“, berichtete die von den Ereignissen geschockte Pfarrerin Grit Markert.
Die Gottesfrau durchlebte am Morgen ein Wechselbad der Gefühle. „Im ersten Moment war ich total wütend über so viel Dummheit“, schilderte die 54-Jährige ihre Reaktion auf die Nachricht vom Einbruch. „Dann war ich sehr traurig, weil die Einbrecher unser Altarkreuz mitgenommen haben. Ich würde diesen Menschen gern fragen: Was ist Dir heilig? Und wie würde es Dir gehen, wenn das beschädigt oder weggenommen würde?“ Die Pfarrerin vermutet, dass die Einbrecher nicht nur stehlen, sondern auch die Mitglieder ihrer Gemeinde treffen wollten. „Ich glaube nicht, dass das Menschen aus religiösen Gefühlen getan haben“, sagte sie. „Ich glaube, dass es Menschen sind, die getroffen wurden und jetzt andere treffen wollen.“
Den ganzen Vormittag lang sicherten im Gotteshaus Kriminaltechniker der Leipziger Polizei Spuren. „Wir ermitteln wegen eines besonders schweren Falls des Diebstahls und gemeinschädlicher Sachbeschädigung gegen unbekannte Täter“, teilte am Nachmittag eine Polizeisprecherin mit.
In diesem Jahr habe es bereits über zehn Einbrüchen in Leipziger Kirchen gegeben. Am häufigsten betroffen seien das Zentrum-Süd gewesen; die übrigen Fälle würden sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen. Über die Tatmotive wisse man nichts. Denkbar seien politische oder religiöse Motive, aber auch Zerstörungswut oder Beschaffungskriminalität, so die Sprecherin.
Erst am vergangenen Wochenende war einen Großeinsatz der Polizei in drei Kirchen von Böhlitz-Ehrenberg notwendig gewesen. Nach Hinweisen auf eine angedrohte Straftat hatten die Beamten dort mit einem Sprengstoffspürhund nach verdächtigen Gegenständen gesucht. Ein 36-jähriger Deutscher wurde als Tatverdächtiger festgenommen.
Anfang Januar 2021 war nach einem Anschlag auf die Lukaskirche in Volkmarsdorf auf dem Portal Indymedia ein Schreiben mit der Parole: „Montage für Moria – Zertrümmert das christlich-weiße Europa“ veröffentlicht worden. Es gab damals auch einen Aufruf, ab sofort „jeden Montag ein Symbol dieses christlich-weißen Europas anzugreifen“. In diesem Jahr hatten Unbekannte unter anderem Anfang Juni in die evangelisch-lutherische Marienkirche Stötteritz die Worte „Fuck a fake God“ geritzt sowie eine Tür und eine Scheibe beschädigt. Die Emmauskirche in Sellerhausen hat in den vergangenen Monaten 19 Einbrüche erlebt.
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