Götz Kubitschek im Fokus: Streit unter Rechtsextremen – und plötzlich ist ein Kloster mittendrin

Der Rechtsextremist Götz Kubitschek mit Gefolge steigt im Kloster in Buchhagen (Niedersachsen) ab. Nun eskaliert ein Zoff unter den Rechtsradikalen. Das Kloster ist plötzlich mittendrin im Streit – und die Mönche leben in Angst.
Buchhagen. Mit der Ruhe und Besinnlichkeit hinter dicken Klostermauern ist es erstmal aus: Die Mönche im Dreifaltigkeitskloster Buchhagen leben derzeit in Angst und Schrecken. Die rechtsradikale Szene hat Abt Johannes und seine Mönche ins Visier genommen, die sich wiederum diesen Hass, der ihnen entgegenschlägt, nicht erklären können. Sie haben Anzeige erstattet und hoffen nun, dass der Kelch möglichst schnell an ihnen vorbeigeht. Aber der Reihe nach.
Im Mai 2024 kommt der Rechtsextremist Götz Kubitschek ins Kloster Buchhagen. In seinem Schlepptau: Erik Ahrens und Jonathan Rudolph. Ahrens ist ein rechtsextremer Influencer und Social-Media Stratege, dem die AfD gewisse Erfolge auf TikTok zu verdanken hat. Nachdem er immer radikalere Thesen, speziell zur Rassenlehre aufgestellt hat, ist die AfD auf Distanz zu ihm gegangen. Seitdem soll er am Aufbau eines eigenen Rassisten-Netzwerks arbeiten. Der andere, Jonathan Rudolph, gehört ebenfalls der rechtsextremen Szene an und wird als Aktivist der „Identitären Bewegung“ vom Verfassungsschutz beobachtet. Er ist zudem die rechte Hand von Maximilian Krah, der für die AfD im Europaparlament sitzt.
Rechtsextreme zu Besuch im Kloster Buchhagen
Rudolph und Ahrens sind den Mönchen bis dato unbekannt. Nicht so Kubitschek, den Pater Johannes als guten Bekannten schätzt. Er ist quasi Stammgast im Kloster, kommt ein bis zweimal jährlich nach Buchhagen. „Götz Kubitschek kommt seit 15 Jahren zu uns. Ich habe ihn als netten, freundlichen Menschen kennengelernt“, sagt Abt Johannes.
Aus den Gesprächen mit Kubitschek will der Geistliche wissen, dass der rechtsextreme Verleger aus Schnellroda beispielsweise die „Weiße Rose“, die Widerstandsgruppe gegen die nationalsozialistische Diktatur, verehre und ein tiefgläubiger Katholik sei. In der Summe folgert der Abt, dass Kubitschek auf keinen Fall ein Nazi sei. Kubitschek hätte sich auch nie an den ausländischen Gästen im Kloster gestört.
Götz Kubitschek hat über viele Jahre das Institut für Staatspolitik in Schnellroda (Sachsen-Anhalt) betrieben. Das Institut war Anlaufstelle und Begegnungsstätte der „Neuen Rechten“ und wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Auch viele AfD-Funktionäre waren da zu Gast, beispielsweise Alexander Gauland, Alice Weidel und Maximilian Krah. Kubitschek gilt weiterhin als Mentor des AfD-Politikers und Rechtsextremisten Björn Höcke und als Stratege und Vordenker der AfD.
Abt Johannes gibt aber an, von all dem nichts zu wissen. Die Mönche interessiere der politische Background ihrer Gäste nicht. „Wir fragen an der Klosterpforte nicht nach einem Parteibuch. Wer Gott sucht, und den Frieden und die Heiligkeiten akzeptiert, der ist bei uns willkommen“, berichten die Mönche.
Erik Ahrens hingegen ist den Geistlichen anders in Erinnerung geblieben. Ultra-rechts, offen rassistisch und antichristlich sei sein Auftritt gewesen. Er habe den Abt von der angeblichen Notwendigkeit stärkerer Internetpräsenz und anderen Dingen zu überzeugen versucht. „Stattdessen habe ich versucht, die schrägen Vorstellungen von Christentum und Orthodoxie zurechtzurücken, offenbar vergeblich“, erinnert sich der Klostervorsteher.
Das Treffen im Kloster Buchhagen
Das Treffen im Mai des vergangenen Jahres im Kloster dauert rund drei Stunden. Zwei Stunden dauert der Gottesdienst in der Krypta, eine Stunde diskutieren die Männer. Was genau da aus dem Ruder gelaufen ist und warum sich das deutsch-orthodoxe Kloster beziehungsweise die Mönche den Zorn des rechtsextremen Establishments zugezogen haben, können sie sich nicht erklären, bestenfalls vermuten. Seit dem Tag ist Ahrens auch nicht mehr gut auf Kubitschek zu sprechen und lässt keine Gelegenheit aus, seinen Unmut über den ehemaligen Weggefährten und Mentor auf diversen Social-Media-Plattformen freien Lauf zu lassen.
Anfang Februar tauchen dann zwei Videos im Internet auf, in denen Ahrens von seinem Besuch im Kloster Buchhagen berichtet. Er zeichnet ein bösartig verzerrtes Bild des Klosters und des orthodoxen Gottesdienstes. Er behauptet unter anderem, es würde ein finsterer „unterirdischer Höhlenkult“ gefeiert, die Mönche murmeln Unverständliches, Besucher würden „geklostert“, das heißt abhängig und unfrei gemacht und Abt Johannes sei der Ideengeber der „Neuen Rechten“, wolle Deutschland in einen „Agrarstaat“ verwandeln.
So dauert es auch nicht lange, bis sich der rechte Mob positioniert. Auf Ahrens Forderung, „das muss weg“, äußern mehrere Personen in den Kommentarfunktionen ihre Bereitschaft, das Kloster „zu stürmen“ und „abzufackeln“ und dergleichen. „Marcellus Wallace“ beispielsweise kommentiert: „Erik, sag das Codewort, und wir stürmen das Kloster.“
Die Rolle eines Fernseh-Teams
Und nun betritt auch noch ein TV-Team die große Klosterbühne. Allerdings nicht durch die Pforte. Die drei Journalisten tauchen, so der Abt, unangemeldet im nicht-öffentlichen Klausurbereich des Klosters hinter der Küchentür auf, als die Mönche gerade beim Frühstück sitzen. Sie hätten den Abt aufgefordert, die Vorwürfe von Erik Ahrens zu kommentieren, das Kloster sei ein geheimer Rückzugsort für Rechte, sowie das geistige Zentrum der neuen Rechten, wo deren Ideen herkämen. Ahrens behauptet in dem Beitrag weiter, Kubitschek würde das Kloster betreiben beziehungsweise sei ein Teil des Klosters.
Altvater Johannes aber hat Angst. Er habe drei schwarz gekleidete Gestalten im Klostergarten rumlaufen sehen. Da sich der rechte Mob zur Klosterstürmung angekündigt hat, beschließt der Abt, das Gebäude nicht zu verlassen, sondern ruft die Polizei. Erst später gibt er den Journalisten doch noch ein Kurzinterview. „Den Hinweis, dass im Kloster Filmaufnahmen untersagt seien und ich normal mit ihnen spreche, hat das Team einfach ignoriert“, erinnert sich der Abt.
Was bei dem Bericht am Ende rauskommt, trifft die Mönche schwer. „Da wird Filmmaterial über Herrn Kubitschek und Versammlungen in Schnellroda gebracht, sowie Szenen von Straßenschlachten mit der Polizei. Unmittelbar danach folgt eine Drohnenaufnahme unseres Klosters und die Behauptung, hier komme das alles her. Von meiner Stellungnahme ist das Wesentliche weggelassen worden. Damit hat der Beitrag Ahrens zu weitestreichender Publizität verholfen und verbreitet dessen Hass auf das orthodoxe Christentum“, ärgert sich Abt Johannes.
… und es kommt noch schlimmer
Und als wäre das alles für die vier Mönche und den einen Novizen, die im Kloster ihre Ruhe und Einkehr suchen, nicht schon schlimm genug, hat nun ein Gottesdienstbesucher berichtet, dass sich auch Widerstand in der linken Szene formiere und diese in heller Aufregung sei. Man müsse etwas unternehmen, verlaute es aus einschlägigen Kreisen. „Für uns kommt es am Ende aufs selbe raus, ob ein Anschlag von linken oder rechten Wirrköpfen auf uns verübt wird“, erzählen die resignierenden Mönche.
Mittlerweile haben sich die Klosterbewohner zumindest gegen den rechten Hass zur Wehr gesetzt und Anzeige erstattet. Das 4. Fachkommissariat der Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden, das unter anderem für staatsschutzrelevante Delikte zuständig ist, hat Ermittlungen gegen einen 30-Jährigen eingeleitet.
Immenser Schaden für die Klostergemeinschaft
Wie immer das alles dann ausgehen wird, der angerichtete Schaden ist für die Klostergemeinschaft schon jetzt erheblich. „Ein Lebenswerk, wo es um Liebe zu Gott und zum Nächsten geht, um Schönheit, Versöhnung, Integration, Geist und Kultur, wo Menschen aus ganz Europa und den USA, aus Russland und der Ukraine gemeinsam beten, wird absichtlich in den Schmutz gezogen“, bedauern die Mönche.
Götz Kubitschek war nach Aussage der Klostergemeinschaft seit besagtem Tag im Mai 2024 nicht mehr da. Sie vermuten, dass er wohl auch nicht mehr kommen wird. Wahrscheinlich sei ihm der ganze Rummel zu viel geworden.