Statement zum antisemitischen Geschehen ums Atari

Dies ist ein Text einer feministischen Gruppe aus Leipzig. „Wir“ bezieht sich im Folgenden auf diese Gruppe.

Um uns herum grassiert der Antisemitismus. Falsch verstandener Antirassismus gleitet immer weiter in wahnhafte, einseitige „Israelkritik“ ab und Stimmen, die komplexere Analysen dieser abgefuckten Welt anbieten, werden niedergeschrien, boykottiert und angegriffen. Menschen, mit denen wir uns zuweilen (unfreiwillig) in einer Demo befinden, fordern Bündnisbereitschaft mit der Hamas; Queerfeminist*innen, mit denen wir gemeinsam jahrelang politische Kämpfe geführt haben, betreiben Täter-Opfer-Umkehr und entsolidarisieren sich von Betroffenen der sexuellen Gewalt klerikal-faschistischer, islamistischer Männerbünde; unsere Wohnprojekte, Strukturen und Affinitäten gehen daran zugrunde. Wo Rassismus und Antisemitismus gegeneinander ausgespielt werden, führen die deutschen Verhältnisse und die Besonderheiten der jeweiligen Diskriminierungsform dazu, dass auf der einen Seite Millionen von Rassismus Betroffene gesehen werden, und auf der anderen Seite bloß der schlimmste aller existierenden Kolonialstaaten. Betroffene von Antisemitismus gibt es hierzulande scheinbar nicht; die jüdische Person unter uns ist verzweifelt, fühlt sich isoliert und verraten.

Vereinheitlichung, Dehumanisierung, Totschweigen von Widersprüchen, Doppelstandards, Diffamierung, Dämonisierung, … Wir lassen uns nicht auf Diskussionen ein, solange nicht ein paar Standards gesetzt werden. Wir posten auch nicht auf Social Media und konkurrieren mit unseren Gegner*innen um Likes. Wir würden natürlich verlieren; als Linksradikale wissen wir aber nur zu gut, dass marginal zu sein nicht heißt, dass man Unrecht hat. Uns geht es darum, den wenigen, denen wir uns noch verbunden fühlen, den Rücken zu stärken.

Der Vortrag „Is Palestine a Feminist Issue“ (nachzuhören hier: https://soundcloud.com/cordula-trunk/is-palestine-a-feminist-issue-zur-verschrankung-von-antisemitismus-und-queerfeminismus) ist enorm empfehlenswert, weil er über Zusammenhänge antisemitischer Muster in linken und queerfeministischen Analysen aufklärt. Es wird Zeit, dass Feminist_innen (wir unterscheiden an dieser Stelle bewusst nicht zwischen queeren und anderen) und Linke sich besinnen, dass man ein Ende des Krieges in Palästina fordern kann, ohne Vergewaltigungen als „mutigen Widerstand“ zu glorifizieren; oder sich ein baldiges Ende der rechten Regierung Israels wünschen kann, ohne gleichzeitig Projekte wie das Atari und dessen Besucher*innen mit Nazi-Hools und dem KuKluxKlan zu vergleichen und zu bedrohen.

Wir danken Cordula, dem Atari und den Punks Against Antisemitism. Bitte meldet euch, wenn wir euch unterstützen können. An alle anderen: In diesen absolut düsteren Zeiten – gegen jeden Antisemitismus fighten!

apra – antipatriarchale radikale