Die internationale Diskussion braucht unser Zusammentreffen – kommt zur anarchistischen Büchermesse in Kreuzberg.

– Gegen die Vereinfachung und gegen die Verleumdung! –

Antwort auf den Text »Antisemitischer Massenmord als „Erlösung“ – willkommen auf der „anarchistischen Buchmesse“ in Kreuzberg« (Diese Antwort ist nicht von den Organisator*innen verfasst.)

Anhand von einem Text-Zitat aus einem Abschnitt eines Diskussionstextes aus dem italienischsprachigen Raum, wird dazu aufgerufen die ganze Veranstaltung zu meiden.
Dabei nehmen viele verschiedene Gruppen und Einzelpersonen aus verschiedenen, internationalen Kontexten an der anarchistischen Büchermesse teil. Und auch die einzelnen Diskussionen werden von verschiedenen Menschen veranstaltet.
Das Massaker vom 7. Oktober ist aus anarchistischer Perspektive natürlich nicht zu rechtfertigen. Auch wenn es sich in einen Kontext einordnen lässt. Ob dies in der zitierten Textstelle getan wird, ist mehr als zweifelhaft. Nichtsdestotrotz ist es wichtig zu betonen, dass der zitierte Satz nicht von den Organisator*innen stammt. Es handelt sich um eine Zeile eines Diskussionstextes aus dem italienischsprachigen anarchistischen Raum. Das macht einen Unterschied. Die A-Büchermesse bietet an, dort eigene Diskussionen ins Programm aufzunehmen. Deshalb ist es verkürzt, eine Textstelle aus einem Text zu nehmen, und damit gegen die gesamte Veranstaltung zu hetzen. (Vor allem wenn es wie ein klassischer Presse-Skandal formuliert wird.)

„[…]Wir wenden uns hier nicht an die Organisator*innen der Buchmesse bzw. der betreffenden Veranstaltung. Unzählige frustrierende Gespräche in den letzten Monaten haben uns gezeigt, dass bei Menschen, die die antisemtischen Massaker des 7. Oktober feiern, rechtfertigen oder leugnen, kaum etwas durch Argumente auszurichten ist.[…]“
Ohne jegliche Diskussion bleibt nur Distanzierung in alle Richtungen, Cancel-Culture und stumpfe Identitäts-Politik. Warum wendet ihr euch nicht an die Organisator*innen? Warum setzt ihr sie gleich mit Menschen, die die antisemitischen Massaker feiern, rechtfertigen oder leugnen? Gerade da es eine internationalistische Veranstaltung ist (Diskussionen in mehreren Sprachen und verschiedenen Sprachen), bietet sie die Möglichkeit mit Menschen aus anderen Ländern und Kontexten persönlich zu sprechen – statt beispielsweise in Online-Foren und Social-Media Statements rauszuhauen.
Völlig aus dem Kontext gerissen, ist die Erwähnung der „International Alliance of Feminists“ die sexualisierte Gewalt während des Massakers des 7. Oktober leugnen und dies als jüdische Propaganda bezeichnen. Spätestens da hat sich der Text weit von der anarchistischen Büchermesse entfernt.
Genauso scheint ein Bezug zu dem Angriff auf die Scharni38 im Mai aus dem Kontext gerissen, und der völlig übertriebene Vorwurf mit der islamistisch-fundamentalistischen Hamas gemeinsame Sache zu machen. Das alles sind Versuche die Veranstaltung ziemlich komisch darzustellen.

Hier noch ein paar Punkte zu dem erwähnten Diskussionstext „VON DER UKRAINE ÜBER PALÄSTINA BIS ZU NEUEN KONFLIKTEN: WIE LÄSST SICH EINE INTERNATIONALE ANTIKRIEGSBEWEGUNG AUFBAUEN?“

Erstens:
Die zitierte Stelle klingt/ist tatsächlich ziemlich übel: „[…]Die Aktion vom 7. Oktober – wie auch immer man sie lesen will – hatte die Bedeutung der Erlösung der menschlichen und unterdrückten Variante gegen die techno-militärische Allmacht, gegen ihre elektronischen Mauern, ihre Drohnen, ihre Massenüberwachung…[…]“ Auch wenn es ein antikolonialer Befreiungsschlag hätte sein können, wenn die Rebellierenden sich auf Militärpersonal und -Infrastruktur konzentriert hätten – so bleibt es doch ein antisemitisches Massaker. „Aktion“ ist ein ziemlich neutraler oder positiver Begriff für IS-mäßiges Geschlachte, und die von „antifa“ erwähnten Vergewaltigungen.
Zweitens:
Die zitierte Textstelle ist sehr missverständlich oder unverständlich. So heißt es einen Satz später: „[…]Was auch immer in den Köpfen der palästinensischen Widerständler vorgeht, die Befreiung vom Zionismus kann nur durch einen revolutionären Schlag gegen unsere eigenen Unterdrücker erfolgen.[…]“ Es wird sich des weiteren gegen „die Palästinensische Autonomiebehörde“ ausgesprochen und „Wie immer in der Geschichte, so auch in Palästina, würde der Staat, jeder Staat, den Weg zu einer echten sozialen Revolution versperren, die immer möglich bleibt“ Eine Solidarisierung mit der Hamas, findet also eindeutig nicht statt.
Drittens:
Es gibt mehrere Textstellen, welche klar eine antinationale Haltung formulieren. Und Bezüge zu antimilitaristischer Praxis herstellen: „Wir halten es daher für wichtig, Sabotage und Desertion an beiden Fronten zu unterstützen. Genauso wie es wichtig ist, die Kriege in der Ukraine und in Palästina, die in unserem Feld sind, von der Hinterseite her zu sabotieren und zu desertieren. Das haben wir unter anderem getan, indem wir dreimal die Blockade des Hafens von Genua, einer wichtigen logistischen Infrastruktur Italiens, unterstützt haben, indem wir an der Demonstration gegen den italienischen Militärstützpunkt in Ghedi und an der Demonstration gegen die Waffenfabrik „Fiocchi munizioni“ in Lecco teilgenommen haben.“
Viertens:
Der Text handelt von mehr als von der Situation in Gaza.
Die Frage „Wie lässt sich eine internationale Antikriegsbewegung aufbauen?“ bleibt wichtig auch wenn eins den Text Scheiße findet.
„[…] Die Entwicklung der von uns analysierten Situationen geht immer mehr in Richtung einer Ausweitung des Krieges, der Gefahr eines Atomkonflikts, der Militarisierung der Arbeitsausbeutung und der Zunahme der Repression an der inneren Front. Gleichzeitig sehen wir die wachsenden Möglichkeiten für ein allgemeines Erwachen des Bewusstseins, für die Wiederaufnahme von Klassenkämpfen, für eine radikale Infragestellung des kapitalistischen Systems.[…]“

Lasst uns zusammenkommen, aktuelle Neuerscheinungen durchstöbern, spannende Veranstaltungen besuchen, mit Freund*innen beim Bierchen plaudern
und selber bestimmen wie sich anarchistische Veranstaltungen entwickeln!

Links:

Antisemitischer Massenmord als „Erlösung“ – willkommen auf der „anarchistischen Buchmesse“ in Kreuzberg: https://kontrapolis.info/13629/

Programm

https://barrikade.info/article/6526 (in aktuellerer Form auf der anarchistischen büchermesse-seite zu finden)